Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Wieder ein Thriller mit Happy End für Tigers

Briana Williams trifft im Derby mit Schlusssir­ene zum 62:61-Sieg des Basketball-Zweitligis­ten. Janina Pils coacht von daheim mit Facebook.

- VON DIRK SITTERLE

NEUSS Briana Williams hat Nerven aus Stahl. Schon dreimal in dieser Saison zog die Spielmache­rin des Basketball-Zweitligis­ten TG Neuss mit der Schlusssir­ene zum entscheide­nden Wurf ab. Bei der Auswärtsni­ederlage gegen die Osnabrück Titans (70:71) patzte die seit Freitag 26 Jahre US-Amerikaner­in noch, doch die beiden nächsten Versuche saßen: Gegen Eintracht Braunschwe­ig machte sie nur eine Woche später den 84:82-Heimsieg perfekt und am Samstag bescherte sie den Tigers mit ihrem Treffer den 62:61-Erfolg (Halbzeit 31:35) im Derby über BBZ Opladen.

Doch der Thriller mit Happy End zum Start ins neue Jahr war keine Soloshow, sondern das Produkt perfekter Teamarbeit: So begnügte sich Eiko Pate nicht mit seiner Rolle als Hallenspre­cher, sondern sorgte zudem dafür, dass die daheim in Oberhausen krank im Bett liegende Trainerin ihre Mädels coachen konnte. Sein mit einer Kamera verbundene­r Selfie-Stick schaltete Janina Pils über Facebook im Livestream dazu. Ihre Ideen und Tipps gab sie per Smartphone der in Zivil auf der Bank sitzenden Rekonvales­zentin Ronja Spießbach weiter. Ohne Kompetenz vor Ort ging es freilich nicht. Da Kapitänin Franzi Worthmann und Jana Heinrich, die unter der Woche das Mannschaft­straining geleitet hatten, genug mit ihrem Job auf dem Spielfeld zu tun hatten, war Angela Krings eingesprun­gen. Und der Input der einst selbst für die TG Neuss in der Bundesliga aktiven Abteilungs­leiterin sollte sich als spielentsc­heidend erweisen: Als nach Nicolas Happels Korb 19 Sekunden vor Schluss zur 61:60-Führung der Gäste Julia Duggan ein riskantes Anspiel von Briana Williams nicht zu kontrollie­ren wusste, nahm Angela Krings mit nur noch 5,2 Sekunden auf der Spieluhr geistesgeg­enwärtig eine Auszeit. „Daran hätte ich in der Hektik gar nicht gedacht“, gab Jana Heinrich zu.

Dafür designte die 31-Jährige den siegbringe­nden Spielzug: Weil die gut bewachte Julia Duggan unter dem Korb ebenso nicht als Passempfän­gerin in Frage kam wie die scharf markierte Franzi Worthmann (beide Spielerinn­en hatten bis dahin 17 Punkte für die Tigers erzielt) und die in diesen Situatione­n ebenfalls eiskalte Karo Tzokov mit fünf Fouls auf der Bank saß, bekam Williams den Zuschlag. Das US-Girl war sechs Wochen nach seinem Bänderriss im Sprunggele­nk zwar längst noch nicht bei 100 Prozent. „Aber sie will diese Würfe“, weiß Jana Heinrich. Und „Bri“enttäuscht­e wiederum nicht: Von Heinrich höchstselb­st in Position gebracht, nutzte sie das „Mismatch“gegen die nur 1,64 Meter große Nicola Happel, um den Ball per Sprungwurf aus kurzer Distanz mit Hilfe des Bretts zum 62:61 in den Korb zu werfen.

Eine Niederlage, die Grit Schneider, in Opladen nach dem Rücktritt von Birgit Kunel in der Weihnachts­pause von der Co- zur Cheftraine­rin befördert, erstaunlic­h gelassen abhakte. Zwar monierte sie, dass es ihre Schützling­e, in der Schlusspha­se ohne die angeschlag­enen Alphawölfi­nnen Michaela Stankova und Mareike Nettershei­m, versäumt hatten, das Anspiel auf Briana Williams per Foul zu unterbinde­n, „das hätten wir tun können, ohne Neuss an die Freiwurfli­nie zu schicken“, aber am Auftritt ihrer Mädels hatte sie gar nichts auszusetze­n: „Die Zuschauer haben ein gutes Spiel gesehen, in dem wir den Sieg verdient gehabt hätten. Wenn wir diese Leistung wiederhole­n können, dann viel Spaß für die Mannschaft­en, die jetzt in unsere Halle kommen ...“

Obwohl sie auch ihren zweiten Einsatz als Trainerin erfolgreic­h abschloss (in der Saison 2015/16 hatte sie mit den Tigers als Vertreteri­n von Janina Pils in Wolfenbütt­el gewonnen), wäre Heinrich froh, „wenn Janina nächste Woche wieder übernimmt. Mit reicht das völlig aus, wenn ich das nur alle zwei Jahre machen muss.“Spaß hatte sie natürlich trotzdem, „weil alle so toll mitgezogen haben.“

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