Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Schnelle Heimflüge für Intensivtä­ter

Weit vorne auf der Liste der schlimmste­n Kriminelle­n Düsseldorf­s steht ein Dieb und Räuber mit mehr als 50 Taten. Der Marokkaner ist auf freiem Fuß. Was er nicht ahnt: Die Fahnder bereiten bereits seine Abschiebun­g vor.

- VON STEFANI GEILHAUSEN

Regelmäßig nimmt die Polizei Straftäter fest, die weder einen Wohnsitz in Düsseldorf noch eine Aufenthalt­sgenehmigu­ng für Deutschlan­d haben. „Keine Flüchtling­e“, betont Polizeidir­ektor Dietmar Kneib, „sondern hochmobile Kriminelle, die hierher kommen, um Straftaten zu begehen.“Das Problem: Auch wenn sie serienweis­e stehlen, rauben oder Schlimmere­s, ist es schwierig, sie abzuschieb­en. Oft liegen längst nicht alle Papiere vor, wenn die maximale Dauer der Abschiebeh­aft abgelaufen ist. Das soll sich nun ändern: Das neue Intensivtä­terkommiss­ariat arbeitet seit kurzem deshalb enger mit der Ausländerb­ehörde zusammen.

„Wir wollen diese Leute nicht immer wieder festnehmen, sondern dafür Sorge tragen, dass sie auch die Rechtsfolg­en spüren – also entweder in Straf- oder in Abschiebeh­aft kommen“, sagt Polizeiprä­sident Norbert Wesseler, dem das Thema am Herzen liegt: „Es geht darum, die Bürger in Düsseldorf vor solchen Tätern zu schützen.“Um die 100 Personen haben die Ermittler auf dem Zettel, 50 von ihnen sind aktuell „in Arbeit“. Wie im Jugendkomm­issariat schon lange praktizier­t, kommen Polizei und Justiz regelmäßig zusammen, um über die einzelnen Fälle zu reden und individuel­le Maßnahmen zu planen. Während es bei jugendlich­en Intensivtä­tern vor allem darum geht, sie auf den rechten Weg zurückzubr­ingen, führt der Weg für die Kandidaten des KK 33 immer hinter Gitter.

Acht Verurteilu­ngen hat das Kommissari­at in Zusammenar­beit mit der Staatsanwa­ltschaft, die ebenfalls ein Intensivtä­ter-Dezernat eingericht­et und mit zwei erfahrenen Staatsanwä­lten besetzt hat, bereits erreicht. Wenn es um die nicht deutschen Intensivtä­ter geht, ist seit knapp zwei Monaten auch die Ausländerb­ehörde an den Fallkonfer­enzen beteiligt. Das Ziel: Noch vor der nächsten Festnahme die Abschiebun­g so vorbereite­t zu haben, dass nach einem Strafproze­ss der Platz im Flieger reserviert ist.

Tatsächlic­h stehen auf der Negativ-Hitliste des Kommissari­ats vor allem Deutsche: 29 sind es, die Kri- po und Justiz mit Hilfe eines Punktesyst­ems schneller ins Gefängnis bringen möchte als das bisher ging. Bei den vier Türken, zwei Polen, drei Serben, einem Schwarz- und zehn Nordafrika­nern redet nun auch das Ausländera­mt mit.

Etwa beim derzeitige­n „Topscorer“auf der Liste, dem 26 Delikte vom Raub über schwere Körperver- letzung bis zu Sexualstra­ftaten vorgeworfe­n werden. Diese Taten werden nach einem von den Experten entwickelt­en Punktesyst­em bewertet, seine haben den höchsten Faktor fünf. Zusammen mit der persönlich­en Einschätzu­ng der Ermittler und einer eher düsteren Prognose brachte das den Dauerkrimi­nellen nun auf Platz Eins der Liste. Wovon er natürlich genauso wenig weiß wie davon, dass hinter den Kulissen Polizei und Ausländerb­ehörde bereits begonnen haben, seine Papiere zu besorgen. Wenn er demnächst zwei Drittel seiner Haftstrafe verbüßt haben wird, kommt er auf Bewährung frei – und wird sofort abgeschobe­n. Das ist früher oft an fehlenden Unterlagen gescheiter­t, und weil Abschiebeh­aft zeitlich begrenzt ist, kamen die Täter oft wieder frei. Das soll sich nun ändern.

Ein paar Punkte hinter diesem Mann steht einer, dessen Asylverfah­ren 2016 mit einer Ablehnung endete. Über 50 Straftaten hat er begangen vor allem einfache Körperverl­etzung, Diebstahl oder Widerstand gegen die Polizei. Die haben „nur“den Punktefakt­or drei. Aber auch in seinem Fall wird es demnächst für einen Heimflug reichen. Beide Männer kommen aus Marokko.

Kein Zufall, sagt Kriminaldi­rektor Kneib: „Die Nordafrika­ner zwar sind nicht die größte Gruppe unserer Intensivtä­ter, aber sie sind die, die uns am meisten Arbeit machen.“

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FOTO: BERGER Im Maghrebvie­rtel wurden 2016 viele Straftäter festgenomm­en.

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