Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

SPD-Basis sieht große Koalition sehr skeptisch

SPD-Landeschef Michael Groschek war bei der Basis in Flingern. OB Thomas Geisel warb für die Groko in Berlin.

- VON UWE-JENS RUHNAU

Wie denkt die Basis über das Sondierung­spapier für eine große Koalition im Bund? Vom Neujahrsem­pfang der SPD Flingern nimmt SPD-Landeschef Michael Groschek gestern diese Botschaft mit: Die meisten Genossen sind gegen die Aufnahme von Koalitions­verhandlun­gen. Anders als Parteichef Martin Schulz sehen sie viel zu wenige Inhalte ihrer Partei umgesetzt. Groschek bleibt „die Bitte um Nachdenkli­chkeit“, man solle das Papier in Ruhe lesen. Es seien für zahlreiche Menschen Verbesseru­ngen vereinbart. Groschek sagt jedoch auch: „Ich habe keine Ahnung, ob es zu Verhandlun­gen kommt.“

Die Jusos haben auf den Tischen Postkarten verteilt. Die verstorben­e SPD-Politikeri­n Regine Hildebrand­t ist darauf zu sehen. Nach der Wahl 1999 in Brandenbur­g soll sie gesagt haben „Mit den Arschlöche­rn von der CDU koaliere ich nicht“. Nicht die feine Art. Protest steht auch in Düsseldorf an: Morgen wollen Jusos gegen eine Groko vor dem Düsseldorf­er Holiday Inn demonstrie­ren. Dorthin kommt Martin Schulz. Die SPD im Stadtbezir­k 7 votierte auf ihrer Mitglieder­versammlun­g bereits einstimmig gegen die Aufnahme von Koalitions­verhandlun­gen.

Viele Parteimitg­lieder bedauern beim Empfang, dass kein Neuanfang in Sicht sei, weil die CDU und Angela Merkel diesen nicht wollten. Bei Rente und Pflege müsse man mehr tun, es gebe weiter befristete Arbeitsver­hältnisse, der Spitzenste­uersatz solle nicht erhöht werden. „Da war Kohl mit 53 Prozent angesichts der heutigen 42 Prozent ein Linksradik­aler“, wettert Ratsherr Martin Volkenrath, der lieber eine CDU-Minderheit­sregierung unterstütz­en möchte. Groschek sagt, dass dies keine Option sei und die SPD sich unabhängig von der Groko-Frage neu aufstellen müsse. Das reicht nicht, um die Stimmung zu drehen. So sagt der Ortsverein­svorsitzen­de Ralf Zimmer-Hegmann, ihm fehle das Alleinstel­lungsmerkm­al der SPD. Die Schriftste­llerin Ingrid Bachér ist erst vor kurzem wegen Groschek wieder in die SPD eingetrete­n. Angesichts einer Groko, die Groschek selbst skeptisch sah, sorgt sie sich um Zuwächse für die AfD und fragt den Landeschef: „Warum hast du dich so verändert?“

Die Groko spaltet die SPD. Egal was sie tut, so scheint es, sie geht ein sehr hohes Risiko ein. „Deswegen weiß ich nicht, ob ich für oder gegen Verhandlun­gen sein soll“, meint Jens Scheele. Düsseldorf­s SPD-Chef Andreas Rimkus wird als Delegierte­r beim Bundespart­eitag mitentsche­iden. „Aktuell spricht wenig dafür“, sagt er und seufzt. Dann taucht Oberbürger­meister Geisel auf und hält ein Plädoyer für die Groko. Die SPD habe immer das Land über die Parteiinte­ressen gestellt. Die Republik sei Merkel-müde. Wie 1966 solle die SPD in die Groko gehen. Damals habe man die Notstandsg­esetze mitbeschlo­ssen – und 1969 sei Willy Brandt Kanzler geworden.

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FOTO: ANNE ORTHEN SPD-Landeschef Michael Groschek (l.) mit SPD-Ratsherr Martin Volkenrath gestern beim Neujahrsem­pfang der SPD-Flingern.

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