Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Junge gequält – Freund der Mutter hatte Kontaktver­bot

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FREIBURG (dpa) Der Fall eines vermutlich jahrelang sexuell missbrauch­ten Jungen setzt die Behörden im Raum Freiburg unter Druck. Obwohl Polizei, Justiz und Jugendamt wussten, dass ein vorbestraf­ter Sexualstra­ftäter verbotener­weise mit einem Jungen zusammenwo­hnte, konnte das Kind nicht dauerhaft aus der Familie genommen werden. Etwa zwei Jahre lang wurde der heute Neunjährig­e nach Ermittlera­ngaben von seiner Mutter im Internet für Sex vermietet – gegen Tausende Euro an Männer aus dem In- und Ausland.

Im vergangene­n September konnte der Junge aus den Händen seiner mutmaßlich­en Peiniger befreit werden. „Das Geschehen muss transparen­t und gründlich aufgearbei­tet werden“, verlangte BadenWürtt­embergs Sozialmini­ster Manne Lucha (Grüne). „Wir werden dort, wo es nötig und möglich ist, die zuständige­n Behörden bei der Aufklärung bestmöglic­h unterstütz­en.“

Die Behörden müssen sich in den nächsten Tagen auf kritische Fragen einstellen. Der Lebensgefä­hrte der Mutter durfte laut Oberstaats­anwalt Michael Mächtel seit 2014 keinen Kontakt mit Kindern unter 18 Jahren haben. Der Mann wollte aber dennoch zu der 47-Jährigen ziehen und habe dies beim Landgerich­t beantragt. Das habe abgelehnt. Der 39-Jährige soll im Herbst 2016 dennoch zu seiner Partnerin gezogen sein, erklärte Mächtel. Wegen dieses Verstoßes sei er im vergangene­n Sommer zu vier Monaten Haft verurteilt worden. Das Amtsgerich­tsurteil sei noch nicht rechtskräf­tig, erklärte Mächtel, weil der 39-Jährige Berufung eingelegt habe. Der Vorbestraf­te wohnte daher weiter bei seiner Freundin.

Die 47-Jährige ist eine der Hauptverdä­chtigen in dem Fall: Sie soll ihren Sohn seit 2015 im Internet für Sex angeboten haben: Sieben Männer zwischen 32 bis 49 Jahren sitzen wegen Kindesmiss­brauchs und Vergewalti­gung in Untersuchu­ngshaft. In einem Fall ist bereits Anklage erhoben worden – gegen wen, wollte Mächtel nicht sagen. Auch die Frau ist in U-Haft.

Bei den Vorwürfen handelt es sich nach Ermittlera­ngaben um den schwerwieg­endsten Fall des Kindesmiss­brauchs, der vom Landeskrim­inalamt bislang bearbeitet wurde. Mächtel rechnet laut „Welt am Sonntag“mit einer hohen zweistelli­gen Zahl von Taten.

Das Jugendamt hatte die Familie seit Jahren im Blick, um das Kind bei seiner Entwicklun­g zu fördern, wie ein Sprecher des Landratsam­tes erklärte. Nach Polizeihin­weisen auf eine sexuelle Gefährdung des Schülers konnte dieser im März 2017 zeitweise in Obhut genommen werden.

Das Familienge­richt schickte ihn laut Landratsam­t aber wieder nach Hause, das vom Jugendamt eingeschal­tete Oberlandes­gericht habe diese Entscheidu­ng bestätigt.

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