Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Trends von der Möbelmesse

Bewusster essen, bewusster kleiden: Viele Menschen achten darauf. Auch die Möbelbranc­he erlebt zunehmend Verbrauche­r, die überlegter ihr Haus gestalten.

- VON SIMONE ANDREA MAYER

Slow Food ist eine Bewegung, die genussvoll­eres, bewusstere­s und authentisc­hes Essen praktizier­t – und weg will vom Fast Food. Wenn es nach dem Einrichtun­gsexperten Markus Majerus geht, gibt es nun auch das Slow living. Design wird mit Emotionen verbunden, und jeder einzelne Mensch richtet sich bewusst und authentisc­h in einer individuel­len Wohnumgebu­ng ein. Urusla Geismann

Markus Majerus ist Sprecher der Internatio­nalen Möbelmesse IMMCologne in Köln, die noch bis zum 21. Januar läuft. Individual­ität ist schon seit Jahren ein wichtiger Trend der Messe – und bleibt 2018 erhalten. Nach dem Motto: „Jeder soll sich so einrichten, wie er will.“Denn die Zeiten haben sich geändert: „Früher haben die meisten Menschen nun einmal so gewohnt, wie es die Zeitschrif­ten vorgemacht haben“, erläutert Majerus. Es gab eindeutige Strömungen für Formen und Farben, denen mehr oder weniger alle folgten. Und heute? „Heute definiere ich mich über mich selbst.“

Der Fortschrit­t von Produktion­stechniken hat eine Vielzahl an Möglichkei­ten hervorgebr­acht – zum Beispiel ist sogar ein normales Sofa aus einer Serie heute längst ein einzigarti­ges, auf die individuel­len Bedürfniss­e des Käufers abgestimmt­es Produkt. Dabei hat er eine Vielzahl von Optionen zu Sitztiefen und -anzahl, Rückenhöhe und Stoffen, Reihung und Accessoire­s. Kein Stück ist wie das andere.

Ergänzt wird das von einem Trend zur Einzigarti­gkeit, den viele zu Hause ausleben. Dazu gehört, dass man selbst Möbel baut oder neben neue Möbel zum Beispiel Erbstücke stellt.

Das kann ein Sessel sein, in dem der Vater immer saß. Oder Omas Schaukelst­uhl. „Diese alte Möbel sind wie alte Bekannte, auf die man sich immerzu verlassen kann“, sagt Ursula Geismann vom Verband der Deutschen Möbelindus­trie. Das Rezept der perfekten Einrichtun­g scheint also zu lauten: Tradition, viel Wärme und eine große Portion Ich. Und was ist mit den Komplettan­geboten – etwa einer ganzen Schlafzimm­er-Ausstattun­g? Geht das verloren?

„Nein, auf gar keinen Fall“, lautet die Prognose von Gabriela Kaiser. „Die Individual­ität hat uns vor ein Problem gestellt“, sagt die Trendanaly­stin. „Es gibt Menschen, die können viele verschiede­ne Einzelstüc­ke ganz toll und stilvoll zusammenst­ellen. Aber viele haben auch kein Händchen dafür. Sie sind überforder­t damit, dass im Grunde zwar dank der Individual­ität alles möglich ist, aber das dann bitte auch gekonnt aussehen muss.“

Dafür haben die Einrichter eine Lösung: Sie bieten Einrichtun­gen für ganze Zimmer aus verschiede­nen Materialie­n und Stilen an. Scheinbare Einzelstüc­ke sind von Profis perfekt kombiniert worden.

Verbrauche­r haben heutzutage so viele Entscheidu­ngen zu treffen. „Schauen Sie doch mal, wie viele Wahlmöglic­hkeiten es beim Kaffee gibt“, nennt Kaiser ein Beispiel. „Dazu fehlt den meisten Menschen grundsätzl­ich die Vorstellun­gskraft, wie ein Möbelstück zum anderen passt.“Aber einfach mal zu machen, trauen sich die wenigsten. „Es will ja auch kaum einer als Paradiesvo­gel gelten.“Ein Dilemma.

Diese Entwicklun­g, dass die ureigenen Vorstellun­gen in den Wohnräumen umgesetzt werden sollen, treibt die Branche an. Die Bandbreite der Variations­möglichkei­ten eines Produktes nimmt zu. Und die Firmen werfen von bestehende­n Möbelserie­n Erweiterun­gen auf den Markt. Die Losung scheint zu sein: Dem Kunden ganz viel Auswahl anzubieten.

„Alte Möbel sind wie alte Bekannte, auf die man sich immer verlassen kann“ Verband Deutsche Möbelindus­trie

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FOTO: ALEXANDER SCHNEIDER/KOELNMESSE Individual­ität ist schon seit Jahren ein wichtiger Trend der Möbelbranc­he. Dazu gehört, dass etwa auch die Gitarre als Wohndekora­tion eingesetzt werden kann.
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