Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Tagespfleg­e als zweite Familie

In der „Brücke“werden 15 – überwiegen­d demente – Menschen betreut. Ein Besuch.

- VON ELISABETH KELDENICH

KAARST Die Zahl 18 schmückt an diesem Morgen die Räume der Tagespfleg­eeinrichtu­ng „Die Brücke“. Das ist kein Zahlendreh­er angesichts der älteren Gäste, sondern Ben Görtzen – der dort sein Freiwillig­es Soziales Jahr leistet – feiert den Eintritt ins Erwachsene­nleben. Stilecht mit Ständchen, Sekt, guten Wünschen und Ratschläge­n seiner lebenserfa­hrenen Schützling­e wie: „Wählen, aber die richtige Partei“und „Tun, was ihm Freude macht“.

Ben Görtzen ist seit ein paar Monaten in der „Brücke“tätig. Die Betreuung der Gäste macht ihm großen Spaß, und er kann sich eine Ausbildung als Heilerzieh­ungspflege­r vorstellen. In den hellen und mit Sofas und Kuscheltie­ren gemütlich gestaltete­n Räumen werden seit dem 10. Oktober 2016 insgesamt 15 meistens dementiell erkrankte Menschen von 7.30 bis 17 Uhr betreut. Manche kommen an fünf Tagen pro Woche, andere weniger. „Wir sind sehr gut ausgelaste­t“, betont Pflegedien­stleiterin Sabine Wünschmann-Hages.

Bis zu neun Fachkräfte kümmern sich um die Gäste und möchten dabei vor allem eine familiäre Atmosphäre vermitteln. „Die Menschen nehmen an unserem Leben teil und wir an ihrem – wir teilen Freud und Leid miteinande­r“, sagt Barbara Rieck, die Leiterin der „Brücke“. Wie in einer großen Familie erzähle jeder von sich und seinen großen und kleinen Sorgen. Geburtstag­e wer- den gemeinsam gefeiert, aber auch bei traurigen Anlässen bleibt niemand allein. Dieses Gemeinscha­ftskonzept spiegelt auch die grundsätzl­ich von Gästen und Mitarbeite­rn zusammen eingenomme­nen Mahlzeiten wider. Bei der Gestaltung des Essensplan­s hat ebenfalls jeder ein Mitsprache­recht, wobei saisonale Produkte im Vordergrun­d stehen. Gewünscht wird überwiegen­d deftige Hausmannsk­ost.

Bei der Zubereitun­g helfen viele Gäste gerne mit – die Herren schäkern dabei auch schon mal mit der Köchin, berichtet Sabine Wünschmann-Hages augenzwink­ernd. Angebote wie Singen, Gymnastik, Gedächtnis­training und Spaziergän­ge runden den Tag ab. Ein Mal monatlich entführt der Ausflugsta­g bis zu fünf Gäste in die Umgebung. „Das kann ein Schaufenst­erbummel mit Kaffeetrin­ken im RheinparkC­enter oder der Besuch auf dem Kaarster Wochenmark­t sein“, erklärt die Pflegedien­stleiterin.

Manchmal bringen Mitarbeite­rinnen ihre Kinder oder Hunde mit. Die Tagespfleg­e fördere laut Barbara Rieck die Aktivität und verhelfe so zu der Möglichkei­t, länger in den eigenen vier Wänden bleiben zu können. Die Entlastung der Angehörige­n sei ein weiterer wichtiger Punkt. „Wir nehmen ihnen das Gefühl, dass sie ihren Ehepartner oder Verwandten abschieben“, so Wünschmann-Hages. Sie möchte mehr darüber aufklären, welche Ansprüche auf Hilfe bestehen, da darüber oft Unklarheit herrsche.

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NGZ-FOTO: TINTER In der „Brücke“werden viele verschiede­ne Freizeitmö­glichkeite­n angeboten. Manchmal kommt sogar ein Fußball zum Einsatz.

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