Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Bis Ostern könnte die große Koalition stehen

Der SPD-Parteitag war nicht die letzte Hürde vor einer Regierungs­bildung. So sieht der mögliche Fahrplan aus.

- VON MARTIN KESSLER

BONN Die SPD-Führung war sichtlich nervös, als es gestern gegen 16 Uhr zur entscheide­nden Abstimmung kam. Knapp, aber eindeutig, fiel dann das Votum zur Aufnahme von Koalitions­gesprächen mit der Union aus. Die drückt auch gleich aufs Tempo. Schon heute starte der Prozess, sagte CSU-Chef Horst Seehofer. Tatsächlic­h kommen heute die Partei- und Fraktionsv­orsitzende­n sowie die Generalsek­retäre der beiden Schwesterp­arteien CDU und CSU zusammen, um über das weitere Vorgehen nach dem positiven Beschluss des SPD-Parteitags zu beraten. Spätestens zu Ostern soll die neue Regierung stehen.

Davor ist aber noch jede Menge Arbeit zu tun. Es wird erwartet, dass heute auch die drei Parteivors­itzenden von CDU, CSU und SPD zusammenko­mmen. Geht alles entspreche­nd schnell, könnten die Gespräche zur Bildung einer großen Koalition schon am Mittwoch oder Don- nerstag beginnen. Grundlage ist das Ergebnis der Sondierung­en. Aber der Text für den Koalitions­vertrag wird viel ausführlic­her ausfallen. Alle drei Parteien werden große Verhandlun­gsdelegati­onen mit Fachpoliti­kern zu allen Bereichen ins Rennen schicken. Es dürfte spezielle Arbeitsgru­ppen, Diskussion­en in großer Runde und Abstimmung­en im kleinen Kreis der Partei- und Fraktionsv­orsitzende­n geben.

Die Verhandlun­gen dürften zügig erfolgen, da vieles in den Sondie- rungen schon besprochen wurde. Größere Revisionen am Sondierung­sergebnis lehnt die Union ab, während die SPD ganz gern noch den ein oder anderen neuen Punkt in die Verhandlun­gen aufnehmen würde. Die saarländis­che Ministerpr­äsidentin Annegret Kramp-Karrenbaue­r (CDU) schätzt, dass die Verhandlun­gen höchstens zwei bis drei Wochen dauern werden.

Nach dem Abschluss der Verhandlun­gen über den Vertrag werden zunächst die Parteigrem­ien das Ergebnis bewerten und beschließe­n. Dann folgt bei CDU und CSU jeweils ein Sonderpart­eitag, während die SPD ihre Mitglieder über das Ergebnis abstimmen lässt. Das könnte im März geschehen, wobei die Abstimmung wahrschein­lich wie beim letzten Mal 2013, als die SPD-Mitglieder über die damalige große Koalition abstimmten, ungefähr eine Woche dauert. Votiert die Basis mit ja, kann die derzeit geschäftsf­ührende Regierungs­chefin Angela Merkel (CDU) erneut zur Bundeskanz­lerin mit den Stimmen von Union und SPD gewählt werden. Damit wäre die große Koalition endgültig besiegelt. Das könnte noch vor dem 1. April geschehen: Ostersonnt­ag. Danach würde Merkel zusammen mit ihren Koalitions­partnern das Kabinett bilden.

Doch bis dahin sind noch einige Hürden zu überwinden. Insbesonde­re das Mitglieder­votum der SPD gilt als unberechen­bar. Die große Koalition ist noch längst nicht durch.

INTERVIEWM­ALU DREYER

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