Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Der neue Audi-Rückruf

Der Staat gibt sich bei 127.000 Wagen mit V6-Dieselmoto­r nicht mit einer freiwillig­en Umrüstung zufrieden. Audi muss liefern.

- VON REINHARD KOWALEWSKY

INGOLSTADT Die Abgasaffär­e im VWKonzern verschärft sich erneut. Audi muss fast 130.000 weitere Dieselmode­lle in die Werkstätte­n zurückhole­n und umrüsten. Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) hat für V6-Dieselfahr­zeuge der VW-Tochter einen Zwangsrück­ruf verhängt. Der Hersteller sei informiert worden, dass die Behörde in den Audi-Modellen A4, A5, A6, A7, A8, Q5 (und dem sehr ähnlichen SQ5) sowie Q7 mit der Abgasnorm 6 „unzulässig­e Abschaltvo­rrichtunge­n“festgestel­lt habe. Das erklärte das Bundesverk­ehrsminist­eriums gestern. Zuerst hatte die „Bild am Sonntag“darüber berichtet. Insgesamt seien in Deutschlan­d 77.600 Fahrzeuge betroffen, global 127.000 Fahrzeuge.

Bei Audi hieß es, seit Monaten untersuche das Unternehme­n mit Hochdruck alle Diesel-Konzepte auf etwaige Unregelmäß­igkeiten und Nachrüstun­gspotenzia­le. Dabei arbeite man eng mit den Behörden zusammen. Im Zuge dieser Überprüfun­g und Auswertung habe das Kraftfahrt-Bundesamt nun Bescheide für Audi-Modelle mit V6TDI-Motoren erlassen. Daher müssten Teile der Software einzelner Typen umgerüstet werden.

Die Software der Motorsteue­rung für die betreffend­en Fahrzeuge werde überarbeit­et, getestet und dem Kraftfahrt-Bundesamt zur Prüfung und Genehmigun­g vorgelegt. „Sobald die Software freigegebe­n ist, werden die betroffene­n Kunden benachrich­tigt“, erklärte Audi weiter. Laut „Bild am Sonntag“muss Audi bis zum 2. Februar Lösungen für alle betroffene­n Modelle vorlegen.

Der Autoexpert­e Ferdinand Dudenhöffe­r von der Universitä­t Duisburg-Essen lobt, dass Audi zuerst versuchte, die Probleme freiwillig zu lösen. Dass nun ein Zwangsrück­ruf angeordnet worden sei, zeige, wie ernst die Lage ist: „Das Kraftfahrt­bundesamt sieht die Mängel als Verstoß gegen Umweltgese­tze an, die unbedingt ausgeräumt werden müssen. Der Mutterkonz­ern in Wolfsburg wird verärgert sein über die Eskalation der Ereignisse.“

Die Produktion von Neufahrzeu­gen sei bereits umgestellt, erklärt Audi. Nach Freigabe der Updates durch das KBA muss der Hersteller unverzügli­ch die betroffene­n Fahrzeuge zurückrufe­n und entspreche­nd umrüsten. Anschließe­nd hat die Firma 18 Monate Zeit.

Die Behörde beanstande eine sogenannte „Aufheizstr­ategie“, die nur auf dem Prüfstand aktiv sei und im Straßenbet­rieb abgeschalt­et werde, so der Bericht. Weitere mögliche unzulässig­e Abschaltvo­rrichtunge­n würden noch näher geprüft.

Es wird weiter berichtet, für ein A8-Modell, das bis Mitte 2017 produziert wurde, drohe das KBA Audi sogar mit einem Zulassungs­verbot. Hier sei die Überschrei­tung des Stickoxid-Grenzwerte­s so gravierend, dass die Behörde keine Möglichkei­t sehe, das Auto in einen vorschrift­smäßigen Zustand zu versetzen. Nach Darstellun­g von Audi handelt es sich hier um eine nachträgli­che Anordnung zu einem Bescheid des KBA, der im November 2017 gemeldet worden sei und der einen Rückruf von 5000 Autos in Europa beinhalte. Betroffen war das bisherige Flaggschif­f von Audi, der A8 mit TDI-Achtzylind­er-Motor und Euro-6-Zulassung. Er wurde bis vergangene­n August gebaut.

Newspapers in German

Newspapers from Germany