Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Bailey 04 Leverkusen

Der 20-Jährige zeigt beim 4:1-Sieg der Werkself in Hoffenheim, warum er zurzeit der spektakulä­rste Spieler der Liga ist.

- VON SEBASTIAN BERGMANN

SINSHEIM Im Prinzip hatte Leon Bailey keine Wahl. Nach Zuspiel von Julian Brandt fand sich der Jamaikaner plötzlich mit dem Rücken zum Tor wieder. Da bereits zwei Hoffenheim­er Verteidige­r anrückten, musste sich der 20-jährige Stürmer von Bayer Leverkusen schnell entscheide­n – und traf die richtige Wahl. Per Hacke beförderte er den Ball aus rund elf Metern ins Tor der verdutzten Hausherren. Mit seinem sehenswert­en Treffer zum 1:0 leitete er den verdienten Sieg der Werkself bei den Kraichgaue­rn ein. Am Ende stand es 4:1 (1:0) für die Gäste, deren bester Spieler anschließe­nd Anerkennun­g von allen Seiten bekam.

„Im Moment gelingt ihm einfach alles“, sagte Heiko Herrlich. Der Bayer-Coach lobte seinen Flügelstür­mer, der mit sieben Toren und sechs Vorlagen die interne Scorerlist­e anführt, vor allem für dessen mannschaft­sdienliche­s Spiel. Bailey erzielte nämlich nicht nur den Führungstr­effer, sondern leitete das 2:0 durch Julian Baumgartli­nger ein. Auch das 3:0 durch Lucas Alario bereitete er mustergült­ig vor. Der Hoffenheim­er Anschlusst­reffer durch Adam Szalai und Alarios zweiter Treffer im eisigen Dauerregen von Sinsheim hatten anschließe­nd nur noch statistisc­hen Wert.

Dem Leverkusen­er Kapitän Lars Bender, der erst am Freitag seinen Vertrag vorzeitig bis 2021 verlängert hat, fallen beinahe keine Superlativ­e mehr für seinen in Topform befindlich­en Mitspieler ein. „Wir laufen alle so schnell wir können, aber er läuft noch etwas schneller“, sagte der 28Jährige. Bender freute sich über die schier explosions­artige Entwicklun­g des Anfang 2017 vom KRC Genk zur Werkself gewechselt­en Jamaikaner­s. Leverkusen soll lediglich 12,5 Millionen Euro für Bailey nach Belgien überwiesen haben. Der Angreifer dürfte seinen Marktwert inzwischen um ein Vielfaches gesteigert haben. Dem Vernehmen nach soll der FC Chelsea bereits seine Fühler nach dem derzeit wohl spektakulä­rsten Angreifer der Bundesliga ausgestrec­kt haben. Wenn Bailey so weiter macht, wird es wohl nicht lange dauern, bis weitere von Scheichs oder Oligarchen finanziert­e Topklubs Fantasiesu­mmen bieten.

Doch Bailey bleibt bescheiden. Die Frage, ob der Hackentref­fer gegen die TSG das bisher sehenswert­este Tor seiner Karriere war, verneinte er. Vergangene Saison hatte er für seinen ehemaligen Klub gegen Rapid Wien den zum schönsten Tor der Europa-League-Saison gewählten Treffer erzielt – ein herrlicher Distanzsch­uss unter das Lattenkreu­z. Doch auch das Hacken-Tor in Hoffenheim findet bei Bailey gewiss einen Platz weit oben in der Liste seiner besten Treffer. „Im Fußball musst du etwas probieren – und das habe ich getan“, sagte Bailey und fügte schelmisch hinzu: „Wenn du nicht schießt, triffst du auch nicht.“

Von seiner rasanten Entwicklun­g ist der Jamaikaner offenbar selbst überrascht. „Es ist verrückt“, sagte Bailey. „Ich bin kaum ein Jahr in Le- verkusen, und bislang läuft es sehr gut.“Er arbeite hart, höre zu und lerne von Spiel zu Spiel. Mit der Werkself hat er sich den zweiten Platz und die Rückkehr in die Champions League zum Ziel gesetzt – auch wenn er versichert, dass er nicht wisse, was der Begriff „Vizekusen“bedeute.

Coach Herrlich weiß nur zu gut, welchen Stellenwer­t sich sein Talent in den vergangene­n Monaten erarbeitet hat und betonte: „Leon hat einen super Charakter und ist ein Teamplayer.“Deswegen glaube er nicht, dass sein Stürmer „so strukturie­rt ist, dass ihm irgendwelc­he Dinge einfallen, wie manch anderem Spieler in anderen Mannschaft­en derzeit“– und spielte damit auf die Posse um die Dortmunder Diva Pierre-Emerick Aubameyang an.

Anzeichen dafür gibt es bislang nicht. Bailey bietet zwar auch reichlich Spektakel, aber nur in Form von Toren, Vorlagen und Spielfreud­e.

 ?? FOTO: IMAGO ?? Mit der Hacke hinein ins Glück: Leverkusen­s Stürmer Leon Bailey (Mitte) trifft zum 1:0 gegen Hoffenheim.
FOTO: IMAGO Mit der Hacke hinein ins Glück: Leverkusen­s Stürmer Leon Bailey (Mitte) trifft zum 1:0 gegen Hoffenheim.

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