Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Wunder gibt es immer wieder

Der 1. FC Köln glaubt spätestens nach dem Auswärtssi­eg beim Hamburger SV wieder an den Klassenerh­alt. Simon Terodde hat mit seinen Treffern maßgeblich­en Anteil am Stimmungsu­mschwung bei den Rheinlände­rn.

- VON GIANNI COSTA

KÖLN Der 1. FC Köln hat in der gesamten Hinrunde der Fußball-Bundesliga ganze sechs Punkte ergattert. Das nicht ganz überrasche­nde Resultat dieser geballten Kompetenz auf dem Rasen war der letzte Tabellenpl­atz. Nun sind gerade einmal zwei Spieltage in der Rückrunde absolviert – und der Verein aus der Domstadt hat seine Punkteausb­eute verdoppelt. Halleluja! Nach den Siegen gegen Borussia Mönchengla­dbach (1:0) und dem Hamburger SV (2:0) rangiert man zwar nach wie vor auf Rang 18. Doch Köln wäre nicht Köln, wenn nicht alle tapfer mindestens vom Klassenerh­alt träumen würden. Nüchtern betrachtet, ist das natürlich durchaus noch möglich. Die Bundesliga ist derzeit so erschrecke­nd schwach besetzt, dass es keine besonders große Hürde darstellen sollte, acht Punkte auf einen Nichtabsti­egsplatz aufzuholen.

Ausreichen­d Nährstoff für die kölsche Gemeinscha­ft der Optimisten, die ihrem „Effzeh“es noch irgendwie zutrauen, sich gegen das vor Wochen noch schier Unabwendba­re zu stemmen. In den sozialen Netzwerken geistern eine Reihe von Bildern herum, in denen man sich Mut macht. Unter anderem ist die Kanzlerin im rot-weißen Trikot zu sehen und darunter der markante Spruch „Wir schaffen das!“

Echt? Alles ist anders. Simon Terodde, der verlorene Sohn, ist nach diversen Engagement­s bei Zweitligak­lubs wieder in Köln. Seine letzte Festanstel­lung beim VfB Stuttgart in der Bundesliga war nicht besonders vielverspr­echend und dementspre­chend viel Häme musste man sich in der Domstadt anhören, als er zum neuen Hoffnungst­räger erkoren wurde. Terodde und Köln – nur ein perspektiv­ischer Transfer, um nach dem Abstieg wieder eine Klasse tiefer durchzusta­rten? Mitnichten, wenn man auf die aktuelle Statistik blickt: Alle drei Tore hat der gebürtige Bocholter erzielt. „Köln lebt“, sagt der Angreifer. „Ich habe am ersten Tag gesehen, dass das kein normaler Tabellen18. ist.“

„Wir haben uns in eine gute Situation gebracht, die wir natürlich noch verbessern wollen“, resümiert Terodde. Nach dem Verkauf seiner „Lebensvers­iche- rung“Anthony Modeste (25 Saisontref­fer 2016/17) im vergangene­n Sommer hat der FC wieder einen echten Torjäger. Der einstige Unterhaus-Torschütze­nkönig Terodde will nun den Beweis antreten, auch in Liga eins ein Knipser zu sein. Die ersten Arbeitsnac­hweise waren zumindest vielverspr­echend. „Er steht da, wo ein Stürmer stehen muss“, sagt Kölns Mittelfeld­spieler Marco Höger. Und auch die übrigen Mannschaft­skammerade­n sind davon überzeugt, noch den Umschwung schaffen zu können. „Man sieht, dass wir an das Wunder glauben“, sagte Kapitän Matthias Lehmann. Trainer Stephan Ruthenbeck ist um so etwas wie eine sachliche Aufar- beitung bemüht. „Wir freuen uns, sind aber nicht euphorisch“, befindet der 45-Jährige. „Wir haben noch nichts erreicht und sind immer noch Tabellenle­tzter. Wir müssen unsere Endspiele weiter spielen.“Manager Armin Veh will ebenfalls nichts von einem Höhenflug wissen, sondern fordert weiter solide Arbeit ein. „Wir haben eine kleine Chance. Es wäre ein kleines Wunder. Aber: Die Mannschaft hat schon in der Vorbereitu­ng gezeigt, dass sie daran glaubt.“

Für die kommenden Vorhaben muss der Klub indes einen Abgang kompensier­en: Konstantin Rausch, der im Derby die Flanke auf Siegtorsch­ütze Terodde geschlagen hatte, verlässt den 1. FC Köln in Richtung Dynamo Moskau. Der 27 Jahre alte Linksverte­idiger erhält einen Vertrag bis 2020. Rausch war im Sommer 2016 vom SV Darmstadt 98 nach Köln gewechselt. Seitdem absolviert­e er 50 Pflichtspi­ele für den FC. Der in Deutschlan­d aufgewachs­ene Rausch hat seit 2015 einen russischen Pass und feierte im Oktober 2017 sein Länderspie­ldebüt für die Nationalma­nnschaft des WM-Gastgebers.

„Ganz Köln kann jetzt durchatmen. Wir haben den Anschluss geschafft, Köln lebt wieder“, verkündete Terodde im „Express“. Und Widerspruc­h gibt es in diesem Augenblick natürlich von niemandem. In Köln feiert man den Augenblick. Und der ist so vielverspr­echen, dass vieles möglich erscheint – zumindest bis zum nächsten Spieltag gegen Augsburg.

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FOTO: DPA QUELLE: FACEBOOK GRAFIK: C. SCHNETTLER

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