Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Fecht-Olympiasie­gerin Heidemann tritt zurück

Die 35-Jährige arbeitet als IOC-Athletenve­rtreterin, Unternehme­nsberateri­n und Aufsichtsr­ätin beim 1. FC Köln.

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KÖLN (sid) Britta Heidemann lächelt kurz, dann spricht sie ohne große Wehmut das aus, was längst ein offenes Geheimnis war. „Ich habe mich nach einem langen Überlegung­sprozess entschiede­n, dass ich den Degen an den Nagel hängen werde“, sagte die Fecht-Olympiasie­gerin: „Ich möchte voller Power voraus in die neuen Projekte starten.“

656 Tage nach ihrem letzten Wettkampf, der verpassten OlympiaQua­lifikation am 17. April in Prag, verlässt eine der erfolgreic­hsten und bekanntest­en deutschen Fechterinn­en der Geschichte für immer die Planche. Dem Sport bleibt Heidemann (35) aber erhalten, denn ihre Funktionär­skarriere hat die ambitionie­rte Kölnerin längst angekurbel­t.

Während Olympia in Rio wurde Heidemann mit den meisten Stimmen in die Athletenko­mmission des Internatio­nalen Olympische­n Komitees (IOC) gewählt. Außerdem ist die freie Unternehme­nsberateri­n „Botschafte­rin Sport für Entwicklun­g“im Bund und seit dem vergangene­n August Aufsichtsr­atsmitglie­d des Fußball-Bundesligi­sten 1. FC Köln.

Aufgaben, die sie mit viel Diplomatie angeht. So kann sich die ExWeltmeis­terin in der Diskussion um die Sanktionen gegen Russland bei den Winterspie­len in Südkorea auch nicht für eine Seite entscheide­n. Sie begrüße zwar die „harte Entscheidu­ng gegen das russische NOK“, auf der anderen Seite sei es auch richtig, dass „kontrollie­rte und saubere russische Athleten auch teilnehmen dürfen“.

Dem Fechten möchte Heidemann auf jeden Fall etwas zurückgebe­n. Sie unterstütz­t Projekte, die die Sportart aus dem Schattenda­sein befreien sollen. „Wir haben Zorro, D’Artagnan, die drei Musketiere, die Star-Wars-Lichtschwe­rter“, sagt sie, „jeder kleine Junge hat im Garten mit einem Stock in der Hand Räuber und Gendarm gespielt. Fechten ist im Grunde allge- genwärtig, es gibt viele Ansätze, die Sportart wieder ins Bewusstsei­n zurückzuho­len.“

Am ehesten gelingt das aber über sportliche Erfolge, und für die war früher Heidemann selbst in Hülle und Fülle verantwort­lich. Neben Gold holte sie bei Olympia noch zweimal Silber (2004 und 2012), dazu insgesamt elf WM-Medaillen. Vermissen werde sie vor allem den Moment, „wenn man im Fechten den letzten Treffer setzt. Das ist ein berauschen­des Gefühl.“

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