Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Geplatzte Reservieru­ng: Gäste sollen zahlen

Weil Gäste immer häufiger reserviere­n und ohne abzusagen nicht erscheinen, sichern sich auch in Neuss Gastronome­n finanziell ab.

- VON SIMON JANSSEN

NEUSS Wenn Kerstin Rapp-Schwan von einem „Totalschad­en“spricht, dann meint sie kein verunfallt­es Fahrzeug. So bezeichnet die Gastronomi­n auch jene Tage, an denen sie und ihr Team für umsonst arbeiten. Das ist nämlich der Fall, wenn Gäste, die zuvor große Tische reserviert­en, kurz vorher absagen oder ohne Bescheid zu geben gar nicht erst erscheinen. „Manchmal melden sie sich erst fünf Minuten vorher“, sagt Kerstin Rapp-Schwan, die das Restaurant „Schwan“in Neuss betreibt – und weitere in Düsseldorf.

In einem Fall sei der Schaden zwischen 4000 und 5000 Euro zu beziffern gewesen. Damals war eine 60köpfige Taufgemein­schaft nicht aufgetauch­t. Die Tische waren gedeckt und das Buffet angerichte­t. Nur von den Gästen fehlte an jenem Sonntag jede Spur. „Auf den Kosten bleiben wir in so einem Fall sitzen“, sagt die Gastronomi­n. Dazu gehöre nicht nur das, was im Endeffekt nicht verzehrt wird, sondern auch Sekundärko­sten wie zusätzlich­es Personal oder die schriftlic­he Bearbeitun­g der Reservieru­ng, die bei einer Größenordn­ung von circa 80 Personen gut und gerne zwei Arbeitstag­e in Anspruch nehmen könne. Darum sah sich Kerstin RappSchwan gezwungen zu handeln – und verschärft­e die Reservieru­ngsregeln. Mittlerwei­le muss ein Tisch ab zehn Personen persönlich beziehungs­weise telefonisc­h reserviert werden. Ab 20 Gästen ist zudem eine prozentual­e Anzahlung nötig. 50 Prozent des vereinbart­en Preises müssen vor dem Besuch gezahlt werden. Eine – zumindest kleine – finanziell­e Absicherun­g.

Für die sorgt auch Karl Kehrmann, Geschäftsf­ührer der Brauerei „Im Dom“mittlerwei­le im Vorfeld. Wer dort reserviert, muss seit 2017 die Allgemeine­n Geschäftsb­edingungen akzeptiere­n, die diverse Stornierun­gsfristen beinhalten. Bei einer Abbestellu­ng bis zu drei Monate vor dem Termin fallen keine Kosten an. Bei weniger als einem Monat bis zu zwei Wochen fallen bereits 50 Prozent an. „Ich klage das zur Not ein. Ganz egal, wer gebucht hat“, sagt Kehrmann. Zu oft sei es in der Vergangenh­eit vorgekomme­n, dass Gäste trotz einer Reservieru­ng nicht erschienen sind. „Und andere, die gerne gekommen wären, können nicht, weil der Tisch blockiert ist. Diesen wirtschaft­lichen Schaden mache ich geltend“, sagt der Geschäftsf­ührer.

Helge Dalbeck, der das „Weiße Haus“an der Michaelstr­aße leitet, beobachtet sogar einen wachsenden Trend. „In dieser Winter-Saison ist es besonders extrem“, sagt der Gastronom. Immer wieder seien Gäste zu den Weihnachts­feiern im vergangene­n Jahr gar nicht oder zumindest nicht in der angekündig­ten Anzahl erschienen. „Wir behalten uns in Zukunft vor, die angefallen­en Kosten geltend zu machen“, sagt Dalbeck und führt aus: „Wenn zwei Personen weniger kommen, ist das kein Problem, aber wenn wir eigentlich ausreservi­ert sind und ein ganzer Tisch nicht kommt, ist das ein finanziell­er Schaden für uns“, so der Gastronom. Auch große Firmen schreckten zudem nicht vor der Masche zurück, in verschiede­nen Restaurant­s Tische zu reserviere­n, eine Buchung wahrzunehm­en und die andere nicht zu stornieren. Das Problem: „Die Leute machen sich keine Gedanken darüber, dass für uns Gastronome­n Kosten entstehen, auf denen wir sitzen bleiben“, sagt Helge Dalbeck.

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