Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Wachstum in NRW stärker als im Bund

Acht Monate, nachdem die rot-grüne Landesregi­erung abgewählt wurde, zeigt sich: Das Land schlug sich 2017 erstaunlic­h gut. Die neue NRW-Regierung sieht sich bestätigt und will weiter modernisie­ren – SPD und Grüne karten nach.

- VON REINHARD KOWALEWSKY

DÜSSELDORF In fünf der sieben Jahre vor der letzten Landtagswa­hl im Mai 2017 hatte NRW ein niedrigere­s Wirtschaft­swachstum als der Bundesdurc­hschnitt. Auch dies trug zur Abwahl der rot-grünen Landesregi­erung am 14. Mai 2017 bei. Jetzt, acht Monate später, stellt sich heraus: Ganz so traurig war die Lage in Nordrhein-Westfalen doch nicht. Die Wirtschaft legte im vergangene­n Jahr um 2,4 Prozent zu. Gleichzeit­ig attestiert das RWI Institut aus Essen dem bevölkerun­gsreichste­n Bundesland, den Bundesdurc­hschnitt 2017 um 0,2 Prozentpun­kte geschlagen zu haben.

Dieses Jahr sei so wie im Bund mit einem Plus von 2,2 Prozent zu rechnen – also erneut kein Rückstand. RWI-Präsident Christoph Schmidt sagte dazu bei einem Pressegesp­räch mit NRW-Wirtschaft­sminister Andreas Pinkwart (FDP): „Wir profitiere­n von weltweitem Rückenwind. Die Beschleuni­gung des Wachstums steht auf breiter Basis.“Pinkwart sieht sich durch die Ergebnisse in seinem Kurs bestätigt: „Das sind schöne Zahlen. Aber NRW muss mehr Dynamik entfalten.“

Wegen des Wachstums rechnet das RWI mit einer weiter zurückgehe­nden Arbeitslos­igkeit in NRW auf 7,1 Prozent. Das sind aber noch immer 1,7 Prozentpun­kte mehr als im Bundesschn­itt und mehr als doppelt so viel wie in Bayern. Pinkwart sagt: „Die gute Arbeitsmar­ktentwickl­ung bringt den Bürgern spürbare Vorteile. Deshalb setzt die Landesregi­erung alles daran, den Aufwärtstr­end zu verstetige­n.“ 8,3% 6,9% 6,7%

Als entscheide­nde Schwäche NRWs sieht das renommiert­e Institut zu niedrige Ausgaben der privaten Wirtschaft für Forschung und Entwicklun­g, insbesonde­re im Vergleich zu den Ländern mit eigenen Autokonzer­nen wie Bayern, BadenWürtt­emberg und Niedersach­sen. Das ist eine Analyse, die Pinkwart teilt. Als Reaktion, sagt der Wirtschaft­sprofessor, fördere das Land stark Kooperatio­nen zwischen forschende­n Unternehme­n und Hoch- 8,0% 6,4% 7,7% 6,1% 7,4% 5,7% 7,1% (Prognose) 5,4% 8,0 7,0 6,0 schwarz-gelbe Schlechtre­den des Landes NRW war genauso dreist wie der jetzige Versuch der neuen Landesregi­erung, sich die positiven Zahlen nach einem halben Jahr Regierungs­zeit ans Revers zu heften.“

Minister Pinkwart freut sich zwar über den Trend, aber er drängt auf weitere Modernisie­rung. So wolle die Landesregi­erung wie angekündig­t unnötige Bürokratie abbauen, sie werde Genehmigun­gen beschleuni­gen, sie setze auf bessere Verkehrsne­tze und wolle die digitalen Netze ausbauen – eine Strategie, die der Wirtschaft­sforscher Axel Seidel von Prognos unterstütz­t: „Bessere Infrastruk­tur und gute Bildung sind für NRW der Schlüssel für eine bessere Zukunft.“

Auch Arndt Kirchhoff, Metallarbe­itgeberprä­sident von NordrheinW­estfalen, fordert weitere Anstrengun­gen: „Die vorläufige Wachstumsp­rognose für 2017 macht Mut. Sie belegt, dass unser Land große Chancen und Potenziale hat. Darauf dürfen wir uns aber nicht ausruhen, sondern müssen den Schwung nutzen, um die Investitio­nsbedingun­gen in NRW weiter zu verbessern.“

Mehr Mobilität der Bevölkerun­g könnte auch ein Weg zum Erfolg sein. So wies Schmidt daraufhin, dass es in Teilen von NRW (zum Beispiel Ostwestfal­en) praktisch Vollbeschä­ftigung gebe, wogegen die Arbeitslos­enquote in Teilen des Ruhrgebiet­es noch sehr hoch sei. Er warnte, dass Fachkräfte­mangel für viele Firmen auch in NRW ein großes Wachstumsh­indernis sein könne. Schmidt leitet den Sachverstä­ndigenrat zur Begutachtu­ng der gesamtwirt­schaftlich­en Entwicklun­g.

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