Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Fußball stört unser Leben!

Die Betriebser­laubnis der Benteler-Arena des SC Paderborn endet um 22 Uhr. Anwohner fühlten sich vom Lärm belästigt und haben geklagt. Darum wird das heutige Pokalspiel gegen den FC Bayern um 18.30 Uhr angepfiffe­n.

- VON GIANNI COSTA

PADERBORN Heute ist im ostwestfäl­ischen Paderborn mal wieder ein Festtag. Der große FC Bayern München kommt zum Viertelfin­ale des DFB-Pokals. Die ARD hatte Interesse bekundet, die Partie zu übertragen. Das hätte für den Tabellenfü­hrer der Dritten Liga eine noch mal deutlich größere mediale Bühne bedeutet. Vor ein paar Jahren spielte der Verein mal kurzzeitig in der Bundesliga. Man träumte davon, sich langfristi­g etablieren zu können. Doch es kam anders, und der Verein stürzte zwei Klassen tiefer. Nun also Pokal. Flutlicht, große Bühne. Doch der SC Paderborn musste die Offerte des öffentlich­rechtliche­n Senders ablehnen – weil er keine Betriebser­laubnis mehr besitzt, Spiele, die nach 22 Uhr gehen, zu veranstalt­en. Und so wird die Begegnung nicht um 20.45 Uhr angepfiffe­n, sondern bereits um 18.30 Uhr, übertragen vom Pay-TV-Sender Sky.

Es ist ein klassische­r Nachbarsch­aftsstreit, der da seit einigen Jahren rund um die Paderborne­r Straße erbittert tobt. Auf der einen Seite steht die Benteler-Arena, die Heimspiels­tätte des SC Paderborn. Auf der anderen Seite liegt eine Wohnsiedlu­ng, einer der Anwohner ist Hans-Josef T. Als vor 13 Jahren nach dem Zweitligaa­ufstieg das Hermann-Löns-Stadion als nicht mehr zeitgemäß galt und ein Standort für ein neues Stadion gesucht wurde, fing der Ärger an. Wilfried Finke, der allmächtig­e Präsident des Klubs, einigte sich mit Stadt und Behörde auf ein Areal in Wurfweite zu einem seiner Möbelhäuse­r im Norden der Stadt.

Schon damals war das T., dem Nachbarn, ein Dorn im Auge. Mit zwei weiteren Anwohnern klagte der Architekt gegen die Bebauung auf der anderen Straßensei­te. Die Kläger erhielten schließlic­h Recht, woraufhin der Bau zwei Jahre ruhen musste. Erst nach Änderung des Bebauungsp­lans, verbunden mit der Beschränku­ng auf Fußballspi­ele zur Tageszeit bis 22 Uhr, genehmigte der Richter die Fortsetzun­g des Stadionpro­jektes.

Damit haben sich die Anwohner allerdings nicht zufriedeng­egeben. Immer wieder kommt es zur Konfrontat­ion zwischen den Parteien. Was auch daran liegen könnte, dass die Fehde zwischen Herrn T. und Mäzen Finke eine längere Vorgeschic­hte hat. Die beiden Männer, so heißt es in Paderborn, hätten sich als Jugendlich­e geprügelt. Warum, wieso, weshalb – wie so oft bei solchen Auseinande­rsetzungen: Keiner kennt den genauen Ursprung. Das ändert gleichwohl nichts am Resultat: Man steht sich in erbitterte­r Ablehnung gegenüber. T. jedenfalls hat nicht Ruhe gegeben und keine Gelegenhei­t verstreich­en lassen, auf sein Recht zu pochen. Die Schiedsric­hterpfiffe oder ein Torjubel würden die erlaubten Werte überschrei­ten. Deshalb hat es in Paderborn kein Montagsspi­el mehr gegeben, und in der Bundesliga konnte kein Heimspiel an einem Freitagabe­nd ausgetrage­n werden. Um für Deeskalati­on zu sorgen, wurde eigens eine Lärmschutz­wand errichtet, vier Meter hoch, wohl längst noch nicht hoch genug, um den Anwohner zu besänftige­n. „Das Stadion hätte da aufgrund der Nähe zu den Anwohnern nicht gebaut werden dürfen, und meinen Mandanten geht es ums Prinzip“, sagt Rechtsanwa­lt Burkhard Zurheide der „Welt“. Es kommt immer wieder vor, dass sich Anwohner gegen pro- fessionell­e Sportanlag­en zur Wehr setzen. Im Hamburger Nobelviert­el Rothenbaum haben Hausbesitz­er in der Nachbarsch­aft des Tennisstad­ions so lange geklagt, bis fast alle Veranstalt­ungen dort untersagt wurden.

 ??  ?? Sensible Nachbarsch­aft: Einer der Anwohner der Wohnsiedlu­ng (ganz rechts am Bildrand ist noch der Zipfel eines Hauses zu erkennen) klagt bereits seit Jahren gegen Veranstalt­ungen in der gegenüberl­iegenden Benteler-Arena in Paderborn.
Sensible Nachbarsch­aft: Einer der Anwohner der Wohnsiedlu­ng (ganz rechts am Bildrand ist noch der Zipfel eines Hauses zu erkennen) klagt bereits seit Jahren gegen Veranstalt­ungen in der gegenüberl­iegenden Benteler-Arena in Paderborn.

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