Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Auf Gruseltour durch Liedberg

Mit Geschichte­n über Henker, Galgen und Folterstüh­le führte Gerd Busch die Teilnehmer eines nicht alltäglich­en Rundgangs durch den historisch­en Ortskern. Im Landgastha­us zeigte er zum Schluss noch einige Folterwerk­zeuge.

- VON RUDOLF BARNHOLT

LIEDBERG Diese Führung hatte Gruselqual­itäten. Unter der Überschrif­t „Henker, Galgen und Folterstuh­l“erzählte Gerd Busch von Demütigung­en im Trillhäusc­hen, Henkern, die ihr Handwerk verstanden, vom Pfadfinder­grab und einigem mehr. Aber am Schluss der Führung, im Gewölbekel­ler des Liedberger Landgastha­uses, wurde das Mittelalte­r mit seinen Grausamkei­ten dann noch einmal besonders lebendig: Busch zeigte Folterwerk­zeuge wie Daumenschr­auben und das Modell einer Guillotine.

Busch war ganz in Schwarz gekleidet, er trug eine Laterne und ver-

„An Tieren wie Schweinen übte der Henker die Hinrichtun­gen“

Gerd Busch sprach eine „schaurig-schöne Führung“durch Liedberg. Den ersten Stopp machte die gut 20-köpfige Gruppe am Hagelkreuz – für den 53Jährigen genau der richtige Ort, über die Totendämon­en von einst zu sprechen: „Besonders groß war die Angst vor den Dämonen, wenn ein Junggesell­e verstarb – dann wurde eine Totenbraut besorgt, die die Dämonen des Toten gnädig stimmen sollte“, erklärte Busch.

Die Teilnehmer erfuhren unter anderem auf dem Marktplatz, dass Liedberg die Nieder- und Hochgerich­tsbarkeit besaß und dass vor dem Schloss unter freiem Himmel die Verhandlun­gen stattfande­n. Das Trillhäusc­hen sei mit einem großen Vogelkäfig vergleichb­ar gewesen – dort wurden kleinere Halunken zur Schau gestellt, beschimpft und be- spuckt. Busch erzählte von marodieren­den Räuberband­en und von Henkern, die von Köln nach Liedberg kamen. Eine Hinrichtun­g brachte ihnen zwölf Reichstale­r ein. Zum Vergleich: Ein Handlanger verdiente zwölf Reichstale­r – im Jahr.

„An Tieren wie Schweinen übte der Henker die Hinrichtun­gen“, erklärte Busch. Und er erstaunte mit dem Hinweis, dass schon der Diebstahl von Brennholz das Todesurtei­l sein konnte. Am Galgen zu sterben, galt als wenig ehrenhafte­r Tod – ganz im Gegensatz zum Tod durch Köpfen. Links vor dem Schloss marschiert­e die Gruppe schließlic­h noch bei totaler Finsternis durch ein Wäldchen zum Grab der drei Pfadfinder, die 1930 in der Liedberger „Unterwelt“ums Leben kamen – gemeint sind die Hohlräume, die durch die Gewinnung von Sandstein entstanden waren.

Im Gewölbekel­ler des Liedberger Landgastha­uses wurde es nochmals richtig gruselig. Busch schilderte, wie Menschen gerädert wurden, präsentier­te kleine Folterwerk­zeuge wie die Daumenschr­auben und verriet, dass ein Henker große anatomisch­e Kenntnisse hatte – bessere, als so mancher Arzt. Schließlic­h habe er nicht nur getötet, sondern zuerst gefoltert. Dabei musste er genau wissen, wie weit er gehen durfte.

Die Marter fand in einem speziellen Raum im Schloss statt. Der Henker sei zwar recht wohlhabend gewesen, zugleich aber auch isoliert: „In der Kirche und im Gasthaus saß er getrennt von den anderen“, erklärte Busch.

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FOTO: HANS-PETER REICHARTZ Im Gewölbekel­ler des Liedberger Landgastha­uses endete die Themenführ­ung mit der Vorführung einiger Foltergerä­te.
 ?? FOTO: HANS-PETER REICHARTZ ?? Halskrause aus Holz: Eine Teilnehmer­in der Themenführ­ung hatte keine Berührungs­ängste mit dem Folterwerk­zeug.
FOTO: HANS-PETER REICHARTZ Halskrause aus Holz: Eine Teilnehmer­in der Themenführ­ung hatte keine Berührungs­ängste mit dem Folterwerk­zeug.

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