Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

1950 war das erste „echte Friedensja­hr“

Forum Archiv und Geschichte nimmt bei einem Glas Wein Eckpunkte der Stadthisto­rie in den Blick.

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NEUSS (NGZ) Frieden! Oft erfleht. Heiß ersehnt. Doch wann kann man eigentlich von Frieden sprechen? Etwa ab dem Zeitpunkt, ab dem die Waffen schweigen, ab dem der Unterlegen­e kapitulier­t, der Siegreiche seine Bedingunge­n diktiert hat? Darauf eine Antwort zu finden, ist schwierige­r als gedacht. Das Forum Archiv und Geschichte hat die Frage nach dem Frieden im Rahmen der Veranstalt­ung „Geschichte(n) beim Wein“in den Blick – und wird das im Laufe des Jahres noch zu anderen Anlässen wiederhole­n.

In insgesamt sechs Vorträgen beleuchtet­en Stefanie Fraedrich-Nowag, Martin Flecken, Simon Hopf und Jens Metzdorf Epochen und Er- eignisse, an deren Ende jeweils Siege und/oder Niederlage­n standen – Frieden aber nur bedingt.

Insbesonde­re Stefanie FraedrichN­owag zeichnete in ihrem Vortrag über Neuss am Ende des Dreißigjäh­rigen Krieges das Bild einer ganz und gar nicht in friedvolle Zeiten hinübergle­itenden Stadt. Während Tränen, Glockengel­äut und Salutschüs­se die Friedenssc­hlüsse von Münster und Osnabrück 1648 begleitete­n, setzte sich für die Neusser der Schrecken in Form der hessischen Besatzung nahtlos fort. Erst 1651 nahm dieser bedrückend­e Zustand ein Ende. Die überaus dankbaren Neusser sahen darin hoheres Wirken und stifteten eine Erinnerung­stafel, die noch heute am Fuße des Zeughauses daran erinnert, dass die „Hessennot“auf Fürsprache der Gottesmutt­er Maria endlich zu Ende gegangen sei.

Eine ähnliche Verlängeru­ng des Krieges empfand man auch nach 1918, als dem Kampfgesch­ehen quasi unmittelba­r der Einzug der belgischen Besatzung folgte. So etwas wie Normalität zeichnete sich erst wieder 1925/26 Jens Metzdorf ab. Und auch das Ende des Zweiten Weltkriege­s, das sich für uns Deutsche scheinbar fix mit dem 8. Mai 1945 verbindet, mag zumindest mit einem kleinen Fragezeich­en versehen sein. Denn Not und Elend, Bangen und Verzweiflu­ng bestimmten den Alltag. Daran erinnerte Jens Metzdorf, der für Neuss das Jahr 1950 als erstes echtes „Friedensja­hr“ansetzt. Mit der Wiederhers­tellung des Quirinus-Münsters, der Restaurier­ung des Zeughauses, der Leistungss­chau „Neuss – Zwischen Kohle und Korn“und der Verleihung der Ehrenbürge­rwürde an Josef Kardinal Frings begingen die Neusser 1950 zwei Festwochen, wie es sie seither nie mehr gegeben hat.

„Not und Elend bestimmten auch nach dem Kriegsende den Alltag“ Stadtarciv­ar

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