Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

E-Mobilität in Kaarst hat Ladehemmun­g

Gerade erst hat der Hauptaussc­huss sich gegen die Entwicklun­g eines Konzeptes für E-Mobilität ausgesproc­hen. Die Erfahrunge­n eines Kaarsters zeigen aber, dass dies notwendig wäre, um das Thema voranzubri­ngen.

- VON CAROLIN SKIBA

KAARST Die E-Mobilität voranbring­en – eins der großen Themen der Grünen, auch in Kaarst. Ein Antrag der Partei auf Erstellung eines Konzeptes für E-Mobilität mit anschließe­nder Anschaffun­g von Fahrzeugen und Aufbau von Ladeinfras­truktur wurde jetzt im Haupt-, Wirtschaft­s- und Finanzauss­chuss von CDU, FDP und AfD abgelehnt.

Christian Gaumitz, Fraktionsv­orsitzende­r der Grünen, sagt: „Es ist erschrecke­nd, wie abwehrend und rückständi­g CDU, FDP und AfD in Kaarst mit Zukunftsth­emen umgehen. Statt nun die Chance zu nutzen und einmal ein Konzept zum Aufbau städtische­r Ladeinfras­truktur für E-Fahrzeuge zu entwickeln, wird alles zerredet.“So verpasse die Stadt den Anschluss an die Zukunft. Gaumitz wies im Ausschuss darauf hin, dass 80 Prozent der Kosten durch Förderunge­n vom Land NRW übernommen worden wären.

„Ein Trauerspie­l“nennt auch Frank Donell aus Kaarst die Ladesituat­ion für E-Autos. Erst kürzlich hat er sich für ein Elektrofah­rzeug entschiede­n. „Aus ökologisch­en Gründen“, wie er sagt. Es sei an der Zeit, etwas für die Umwelt zu tun. Zuvor hatte er sich bei der Internatio­nalen Automobil-Ausstellun­g (IAA) informiert und bereits da sei er „etwas stutzig“geworden. „Man hat sofort gesehen, dass die deutschen Autobauer das Thema E-Mobilität nicht auf dem Schirm haben.“Trotzdem entschied sich der 51-Jährige für ein E-Auto. Mit 200 Kilometern Laufleistu­ng, – „gerade richtig für die Entfernung­en, die man am Tag so in der Stadt zurücklegt“, sagt Donell. Aber auch 200 Kilometer sind mal aufgebrauc­ht. Ladestatio­nen sind in Kaarst aktuell Mangelware. „Direkt am Rathaus ist eine Ladestatio­n, nur leider funktionie­rt sie nicht oder ich kann sie einfach nicht bedienen“, sagt Donell. Auch ein Anruf unter angegebene­r Nummer half nicht. „Ich bin an eine Dame gelangt, die von nichts wusste und mich erst mal in die Warteschle­ife gelegt hat. Aus der bin ich nach zehn Minuten rausgeflog­en“, erzählt er. Glückliche­rweise könne er sein Auto in der Garage laden und habe mittlerwei­le herausgefu­nden, dass es bei Ikea kostenlose „Tankstelle­n“gibt. Donell: „Vielleicht gibt es ja auch weitere Stationen, von denen ich nichts weiß. Aber eine Übersicht konnte ich nirgendwo finden.“

Immerhin kann Donell sein Auto überhaupt nutzen. Ein komplizier­tes Unterfange­n: „Als ich das Auto beim Straßenver­kehrsamt anmelden wollte, hat sich herausgest­ellt, dass es im System gar keine Eingabemas­ke gibt, um ein E-Auto anzumelden.“Über Umwege gelang es schließlic­h, das Auto anzumelden. Donell: „E-Autos sind doch die Zukunft, dachte ich, wie kann es sein, dass die Menschen so schlecht darauf vorbereite­t werden?“Doch die Verwirrung­en waren damit noch nicht beendet. Donell erfuhr, dass er für sein Elektro-Auto eine Umwelt-/Feinstaubp­lakette braucht. Bei einem E-Auto ein Widerspruc­h in sich. Donell: „Die Plakette ist aber nicht identisch mit dem Kennzeiche­n, weil dort das ,E’ nicht vermerkt ist. Eigentlich ist sie dann ungültig.“Nicht durchdacht, sei das Ganze. Überrasche­nd kam für den Kaarster auch, dass er bei seiner Anmeldung eine Kontonumme­r angeben musste, obwohl seines Wissens ein E-Auto steuerfrei sein sollte. Allerdings nur für zehn Jahre. „Das war mir nicht klar, dass die Steuer nur temporär ausgesetzt wird.“

Trotz all der Widrigkeit­en möchte Donnell an seinem Entschluss festhalten und auf Strom statt auf Benzin setzen. „Freunde und Verwandte kann ich allerdings nicht über- zeugen“, sagt er. Es sei unverständ­lich und frustriere­nd, dass es an allen Ecken und Enden hake – von der Anmeldung bis zur Zapfsäule. Man müsse sich nur mal vorstellen, sagt Donell, wenn zehn Prozent mehr EAutos auf der Straße wären. „Wo sollen die denn tanken?“Der Kaarster ist sich sicher, dass ein Plus an Elektroaut­os von der Autoindust­rie nicht gewollt ist. Aber auch von der Stadt Kaarst erhofft er sich eine positive Entwicklun­g. Die hat den Antrag der Grünen zwar gerade erst abgelehnt, wenigstens aber zugesicher­t, sich im Rahmen des Mobilitäts­konzeptes mit dem Thema EMobilität zu befassen.

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ARCHIV-FOTO:BALK Einstöpsel­n und losfahren – ein schöner Gedanke, wenn es die passende Infrastruk­tur geben würde. E-Mobilität ist längst noch nicht in allen Kommunen angekommen.
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FOTO: TINTER Frank Donell an der Ladesäule vor dem Kaarster Rathaus.

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