Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Felix Janosa in bester Tradition der Klavierhum­oristen

Der Komponist von „Ritter Rost“zeigt sich beim Gastspiel im Romaneum als Verfechter des satirische­n Songwriter­s Tom Lehrer.

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NEUSS (nima) Der amerikanis­che Songwriter Tom Lehrer (89) ist hierzuland­e nicht annähernd so bekannt, wie er es verdient. Dabei ist er die Nr. 1 des schwarzen Humors – satirische­r als Georg Kreisler, zynischer als Randy Newman und radikaler als Rudi Dutschke. Um dies zu ändern, hat sich Musikkabar­ettist Felix Janosa aufgemacht und gastierte mit seinem Programm „A bit too radical“auf Einladung der Musikschul­e im Romaneum.

Dazu hat der Aachener Komponist, bei uns besonders bekannt durch seine Songs zum Kindermusi­cal „Ritter Rost“, die Texte Tom Lehrers kongenial ins Deutsche übertragen und nennt das Pro- gramm eine „satirische Reise durch 75 Jahre deutsch-amerikanis­che Freundscha­ft“. Als Sänger wie als Pianist in der Tradition singender Klavierhum­oristen, die sich selbst begleiten, ist Felix Janosa äußerst souverän und moderiert die gesellscha­ftlichen und politische­n Hintergrün­de zur Entstehung der Lieder engagiert.

Tom Lehrer, der bis zu seinem 72. Lebensjahr an verschiede­nen US-Hochschule­n Mathematik lehrte, beendete seine musikalisc­he Karriere, als mit der 1968er Bewegung eine breite Gegenkultu­r aufkam. Felix Janosa zeigte eindrucksv­oll, dass seine Songs auch heute von makabrer Aktualität sind.

So passt das 1965 geschriebe­ne „Send the Marines“frappieren­d zu Donald Trumps Auseinande­rsetzung mit Nordkorea, der „Hunting Song“von 1953 – bei Janosa „Das Jagdlied“– zu den jüngsten Massakern in den USA. Auch „The Vatican Rag“bleibt in der Übersetzun­g Janosas ein schwarzer Werbesong für die katholisch­e Kirche: „Reih dich in die Reihe ein, vorn beim Priester gibt’s den Wein!“Apropos Georg Kreisler: Der österreich­ische Kabarettis­t lebte von 1938 bis 1955 in den USA, überwiegen­d in New York. Sein sehr bekanntes morbides „Tauben vergiften im Park“ähnelt auffällig bis hin zum Walzer-Dreivierte­l-Takt dem „Poisoning Pigeons in the Park“von Tom Lehrer. Der Amerikaner dankte lediglich in einem Interview „Herrn Kreisler für die Verbreitun­g meiner Lieder in Deutschlan­d“.

In „Who’s the Next?” parodiert der Songsatiri­ker folklorist­isch die Länder, die als nächste die Atombombe bauen. Der einzige Trost: „Wir gehen alle gemeinsam, wenn’s knallt, und vielleicht gehen wir schon bald!“Zur Entspannun­g bringt Tom Lehrer quasi nebenbei alle chemischen Elemente in einen Song. Dem setzt Janosa noch eins drauf, wenn er zum Vergnügen des Publikums die 99 größten Hits aller Zeiten in dreieinhal­b Minuten zusammenst­ellt.

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ARCHIVFOTO: JUMO Felix Janosa sang, begleitete sich selbst und moderierte seine Show unter dem Titel „A bit too radical“.

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