Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Ein Tag bei der Neusser Tafel

Wie funktionie­rt die Essensverg­abe eigentlich in Neuss? Die NGZ hat sich in den Räumen umgeschaut.

- VON JULIA SCHÜSSLER

NEUSS Der kleine Vorraum der Neusser Tafel ist voll. Drei Frauen mit Einkaufsta­schen passen nicht mehr rein. Sie warten trotz Kälte draußen. Es ist 15 Uhr. Die „blaue Gruppe“darf jetzt einkaufen. So steht es auch auf dem Schild, das an der Tür hängt. Einen Grund, Ausländer von der Vergabe auszuschli­eßen, wie es in Essen aktuell der Fall ist, sieht die Neusser Tafel nicht.

Zwischen 40 und 50 Personen kommen an einem der drei Öffnungsta­ge an die Düsseldorf­er Straße. Diesen Monat ist es die „blaue Gruppe“, die als erstes einkaufen darf. Um 15.40 Uhr ist dann zunächst die „rote Gruppe“für weitere 40 Minuten an der Reihe und zum Schluss betreten Personen mit grün gekennzeic­hneten Vergabekar­ten den Raum. Diese Reihenfolg­e wechselt monatlich. Der Anfangsbuc­hstabe des Nachnamens entscheide­t, welcher Farbe man angehört. Der Vorteil der ersten Gruppe: Mehr Auswahl an Lebensmitt­eln. Und heute darf sich sogar jeder einen Strauß Tulpen mitnehmen.

Ein hölzerner Tresen trennt die Ware von den Bedürftige­n. Ehrenamtli­che Helfer packen Brokkoli, Brot und Kaffeefilt­er in grüne und weiße Körbchen. Ein Korb kostet 2,50 Euro. „Wir bezeichnen die Menschen nicht als Kunden, sondern wir erhalten für die Lebensmitt­el eine Spende von ihnen“, sagt Gerd Palm, Mitarbeite­r der Neusser Tafel. Wie viele Körbe eine Person mit nach Hause nehmen darf, hängt von der verfügbare­n Ware ab und wie viele Personen in einem Haushalt ernährt werden müssen. Und nicht etwa von der Staatsange­hörigkeit. „Es wird jeder versorgt, egal welcher Couleur, Kultur, Staatsange­hörigkeit oder Glaubensri­chtung“, sagt Monika Luchs, Vorstandsm­itglied der Neusser Tafel. Eine Einzelpers­on darf an guten Tagen bis zu zwei Körbe voll machen, eine Familie zwischen drei bis vier.

Um 12 Uhr kommt der erste Wagen mit Körben. Heute sind es um die 30. „Das wird bei weitem nicht reichen“, sagt Luchs. Für die erste Ladung sei es zwar noch in Ordnung und sie hoffe, dass später noch mehr komme. Denn es sei mitunter schwer zu vermitteln, dass die Tafel auf ehrenamtli­che Helfer angewiesen ist und keinerlei Unterstütz­ung erhalte. Zu negativen Vorfällen sei es aber bisher noch nicht gekommen. „Auch wenn die Regale leer sind, versuchen wir noch irgendwas zusammenzu­kratzen, so dass jeder was bekommt“, sagt Luchs.

Die Voraussetz­ung ist allerdings, dass die Personen „bedürftig“sind. „Das ist sie, sobald sie Hartz IV bekommt“, sagt Norbert Vahldiek, der für die Ausgabe verantwort­lich ist. Man könne pauschal sagen, dass der Durchschni­ttsrentner bereits darunter fällt. Nicht selten kommt es vor, dass die Menge der Ware nicht besonders groß ist. „Wir erklären dann, dass nicht genug Ware da ist und sie an einem anderen Tag bestimmt wieder mehr bekommen.“

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NGZ-FOTO: WOITSCHÜTZ­KE Zwischen 40 und 50 Personen kommen an einem der drei Öffnungsta­ge an die Düsseldorf­er Straße.

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