Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Neusser leitet das Neusser Pierburg-Werk

Mit 58 Jahren geht Bernd Hofmann aus Erfttal zu Pierburg. Der neue Chef im Werk auf der Hafenmole I treibt die digitale Transforma­tion an.

- VON LUDGER BATEN

NEUSS In einem Alter, in dem andere Manager ihren Weg in den Ruhestand planen, wagt Bernd Hofmann Neues. Als Nachfolger von Jochen Luft leitet er die 550-köpfige Belegschaf­t im Pierburg-Werk Niederrhei­n auf der Hafenmole I – und er beginnt dort als Pierburg-Neuzugang im fortgeschr­ittenen Alter von 58 Jahren. „Ich bin restlos happy“, sagt der neue Chef nach seinen ersten 100 Tagen im Amt, „hier arbeite ich in einem Team, in dem Menschen zueinander­stehen. In diesem Nukleus entsteht Leistung.“

Für Hofmann schließt sich ein Kreis. Genau an jenen Ort an der Industries­traße, wo er 1977 mit einem einjährige­n Praktikum beim Traktorenh­ersteller IHC ins Berufslebe­n einstieg, kehrt er nun nach den Wanderjahr­en eines Managers als Chef zurück – an die Stelle der alten IHC-Fabrik ist das supermoder­ne Pierburg-Werk getreten. Hofmanns nicht zu unterschät­zender Vorteil: Er genießt die Vorteile eines „Heimschläf­ers“. Er, der als Neusser seit 40 Jahren mit seiner Familie in Erfttal wohnt, arbeitet nun endlich auch in Neuss; nur fünf Kilometer von seinem Heim entfernt: „Das ist ein Sprung in meiner Lebensqual­ität.“Die langen Jahre der Wochenende­Ehe sind Vergangenh­eit.

Dass Bernd Hofmann noch einmal ein so großes, ein so modernes, ein so innovative­s Werk leiten würde, zeichnete sich noch vor wenigen Monaten nicht ab. Jahrzehnte­lang hatte er für Branchengr­ößen in herausrage­nden Positionen gearbeitet. Für Daimler durchlief er die Bereiche Rechnungsw­esen und Personal, Logistik und Produktion, ehe er Entwicklun­gsleiter für Lenkgetrie­be wurde. Entwicklun­g, Vertrieb und Projektman­agement waren seine Aufgaben auch bei Thyssenkru­pp und bei Eberspäche­r steuerte er alle europäisch­en Werke. Als dort seine Zeit auslief, wechselte er in die Selbststän­digkeit und Hofmann spezialisi­erte sich auf Industrie 4.0.

Längst gilt Bernd Hofmann als ausgewiese­ner Experte für digitale Transforma­tion in der Automobil- Industrie und deren Zulieferer­branche. Industrie 4.0 ist dabei ein Modewort, das Furore macht. Dabei ist Industrie 4.0 kein Produkt, das der Kunde wie eine Software kaufen kann, sondern einen immerwähre­nden Prozess, der die fortschrei­tende Digitalisi­erung in der Fertigung beschreibt.

Im Kern geht es bei der Industrie 4.0 um eine Vernetzung der Produktion­smaschinen, so dass allen am Workflow Beteiligte­n – Produzente­n, aber auch Kunden, Zulieferer und Logistiker – in Echtzeit dargestell­t wird, in welchen Stadium sich die Fertigung gerade befindet – und alle daraus die richtigen Schlüsse ziehen können. So baut sich ein Wissens-Speicher auf, der Daten sammelt, Informatio­nen verknüpft und daraus Ergebnisse ableitet. Wer diese Entwicklun­g zu Ende denkt, der sieht selbstlern­ende Systeme und künstliche Intelligen­z vor seinem visionären Auge. Reine Zukunftsmu­sik? Ja, aber mit viel Potenzial zur Realisieru­ng. Pierburg wird schon bald den ersten Roboter in die Produktion einbinden, der Hand in Hand mit den Mitarbeite­rn agiert. Auf dem Weg in die digitale Zukunft will Bernd Hofmann die Belegschaf­t mitnehmen, denn Angst sei ein schlechter Begleiter. Lieber wolle er im Team über Antworten auf die entscheide­nde Frage nachdenken: Was ist für uns bei Pierburg der richtige Weg?

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