Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Frischer Wind für die städtische Galerie

Studenten der Düsseldorf­er Kunstakade­mie bestreiten traditione­ll jedes Jahr die erste Ausstellun­g im Rathaus Büttgen. In diesem Jahr dürfen Anys Reimann und Mio Zajac ihre zum Teil verstörend­en Arbeiten zeigen.

- VON RUDOLF BARNHOLT

BÜTTGEN Anys Reimann und Mio Zajac studieren an der Düsseldorf­er Kunstakade­mie. Sie bringen jetzt mit ihren ungewöhnli­chen Exponaten frischen Wind in die Städtische Galerie im Rathaus Büttgen. Was man so nicht unbedingt erkennt. Einige Werke haben einen höchst ernsten Hintergrun­d.

Die stellvertr­etende Kulturauss­chuss-Vorsitzend­e Dagmar Treger begrüßte gestern Vormittag die Vernissage-Besucher und erklärte folgendes: „Die erste Ausstellun­g im Jahr ist seit weit über 20 Jahren Studenten der Düsseldorf­er Kunstakade­mie vorbehalte­n.“

Die aktuelle Ausstellun­g mag auf den ersten Blick „harmlos“wirken, sie hat es aber in sich. Das sind zum Beispiel die Bilder von Mio Zajac mit dem Rastermust­er. Sie scheinen auf den ersten Blick etwas Schönes, Unbeschwer­tes darzustell­en, aber genau das Gegenteil ist der Fall: Der aus dem polnischen Szatum im früheren Westpreuße­n stammende Mann, der bei Marcel Odenbach studiert, hat als Grundlage für diese Serie Videos von jugendlich­en Mördern in Brasilien genommen. Auch Sequenzen, die zeigen, wie junge Leute andere Jugendlich­e exekutiere­n, waren Ausgangspu­nkte für die jetzt gezeigten Bilder. Auf einem Video ist der Wahl-Kölner Mio Zajac zu sehen, er sitzt in einem kargen Bunker auf einem Bürostuhl, bewegt sich. Wer den Kopfhörer aufsetzt, hört die Geräusche dieses Stuhls. Die großformat­ige Malerei hat als Ursprung eine Kopulation­s- szene. Das Bild ist trotzdem total jugendfrei, weil der Künstler durch seine Übermalung­en nur die Dynamik des Vorgangs erkennbar macht. Das Foto von einer jungen Frau wirkt sehr nichtssage­nd, aber auch hier steckt eine Strategie hinter: „Ich habe bei Bekannten meine Kamera aufgebaut, sie morgens geweckt und sofort fotografie­rt.“Er vergleicht diesen Prozess mit dem Hochfahren eines Computers. Das Bild an der linken Seite besteht aus rund 500.000 Unterschri­ften des Künstlers. Das erkennt man aber nicht, das Bild vermittelt vielmehr den Eindruck, als handele es sich um Stoff – oder um eine filigrane Malerei mit Tiefenwirk­ung.

Anys Reimann lebt und studiert in Düsseldorf. Ihr Vater stammt aus Guinea, ihre Mutter aus Kiel. Die Kunsthisto­rikerin Helga Meister berichtete in ihrer Einführung­srede, dass die Kunststude­ntin bereits Friseurin war, im Zirkus Roncalli gejobbt habe und Designerin bei einer Möbelfirma war.

Den Bezug zu Möbeln glaubt der Betrachter aus ihren Werken herauszule­sen. Aber auch ihre afrikanisc­hen Wurzeln spielen eine Rolle. Ihr „Teich“, im Wesentlich­en aus schwarzem Latex und in Form einer Lotusblume, ist mit einer Tonanlage unterlegt. Zu hören sind Szenen aus Filmen, die mit Wasser zu tun haben und die immer dann zu hören sind, wenn es so richtig brenzlig wird. Die Künstlerin hat diese Arbeit den Flüchtende­n gewidmet, die mit ihren Sehnsüchte­n zu uns kommen. Leder und Latex gehören zu den Materialie­n, mit denen die Künstlerin besonders gerne arbeitet. Sieben große Papiertüte­n hat sie zum Teil mit schwarzer Farbe, Latex und Wachs veredelt, ein Paravent lädt zum Eintreten ein. Das schwarze Polsterled­er wirkt mit seinen Glaskugeln wie ein Monster. Ein Besuch der Ausstellun­g lohnt auf jeden Fall.

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FOTO: A. TINTER Anys Reimann und Mio Zajac stellen noch bis Anfang April ihre Arbeiten in der Galerie im Rathaus Büttgen aus. Keine ganz leichte Kost – aber lohnend.

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