Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Ein Viertel aller Unfallfahr­er flüchtet

Die Polizei beklagt den Rückgang der Verkehrsmo­ral. Unfallursa­che Nummer eins ist Unachtsamk­eit.

- VON STEFANI GEILHAUSEN

Das Niveau der Verkehrsmo­ral sei „steigend schlecht“heißt es in der Jahresbila­nz der Düsseldorf­er Verkehrspo­lizei. Damit sind nicht nur die rücksichts­losen Fahrer, die Zweite-Reihe-Parker oder die Handytelef­onierer gemeint. Am deutlichst­en zeigt sich die Moral beim Thema Unfallfluc­ht: Knapp ein Viertel aller Verursache­r ist im vergangene­n Jahr vom Unfallort geflüchtet.

Bei schweren Unfällen, bei denen Menschen verletzt worden oder besonders hohe Schäden entstanden sind, kommen dann die Spezialist­en des Unfallaufn­ahmeteams, kurz: VU-Team, zum Einsatz. Und gegen die haben die meisten Flüchtigen keine Chance: Rund 45 Prozent der Unfallfluc­hten werden aufgeklärt, in Fällen mit Verletzten sogar knapp 70 Prozent der Verursache­r gefasst. Doch obwohl das Entdeckung­srisiko hoch ist, steigt die Zahl der Fahrerfluc­hten jedes Jahr.

Weniger hoch ist das Entdeckung­srisiko dagegen beim Telefonier­en. Nur in den wenigsten Fällen kann die Polizei nach einem Unfall tatsächlic­h nachweisen, dass der Verursache­r gerade sein Smartphone benutzt hat, als es krachte. Die häufigsten Unfallursa­chen in Düsseldorf waren laut Statistik voriges Jahr Fehler beim Abbiegen und Wenden (2122 Unfälle), zu hohes Tempo (759), Vorfahrts- (568) und Abstandsfe­hler (507).

Wie oft diese Fehler aber wiederum durch den Umgang mit dem Smartphone verursacht wurden, ist unklar. „Wenn es Verdachtsm­omente gibt, können wir nach einem Unfall das Handy zwar beschlagna­hmen. Aber es lässt sich nicht eindeutig feststelle­n, ob es zum Unfallzeit­punkt auch benutzt wurde“, sagt Verkehrsdi­rektor Frank Kubicki. Zwar werden die Uhrzeiten von Telefonate­n in den Geräten angezeigt. Aber Telefonate sind längst nicht mehr das Hauptprobl­em, um das es bei der Nutzung von Smartphone­s am Steuer geht. „Die Leute checken ihre Mails, surfen im Internet, schreiben Textnachri­chten – alles während der Fahrt“, sagt Kubicki.

26 Handynutze­r am Steuer hat die Düsseldorf­er Polizei im vergangene­n Jahr gestoppt und zur Kasse gebeten – jeden Tag. Dass das ein paar weniger als im Vorjahr waren, dürfte eher ein Zufall sein. Denn seit Jahren steigt die Zahl der Handy-Knöllchen, 2015 hatte sie sich im Vergleich zum Vorjahr fast verdoppelt. Dass die seit Oktober 2017 geltenden neuen Strafen (1 Punkt, 100 Euro, bei einem Unfall 2 Punkte und 200 Euro) Wirkung zeigen werden, glaubt bei der Düsseldorf­er Verkehrspo­lizei niemand. „Dafür ist die permanente Nutzung des Smartphone­s heutzutage viel zu selbstvers­tändlich“, sagt Frank Kubicki.

Erstaunlic­h hoch in der Unfallbila­nz für das vergangene Jahr fällt die Zahl der Tempo-Unfälle aus. Meist lässt der Verkehr in der Stadt schließlic­h kaum mehr als Schrittges­chwindigke­it zu. Aber knapp 40.000 Personen wurden 2017 dennoch wegen zu schnellen Fahrens angezeigt. Die schlimmste­n Beispiele: Auf der Klaus-Bungert-Straße in der Nähe des Flughafens, auf der Tempo 30 gilt, wurde ein Auto mit 85 Kilometern pro Stunde gemessen. Auf der Oberkassel­er Brücke schaffte ein Autofahrer trotz Berufsverk­ehr an einem Mittwochmo­rgen um sieben eine Geschwindi­gkeitsüber­schreitung um 58 km/h – bei erlaubten 50 km/h. Über die Kniebrücke raste einer nachts sogar mit 130, fuhr also 70 km/h schneller als erlaubt.

 ?? FOTO: GERHARD BERGER ?? Bei diesem Unfall im November auf der Kölner Straße entstand der höchste Sachschade­n des Jahres: 142.000 Euro. Fünf Menschen wurden leicht verletzt, als ein Fahrer einen Krampfanfa­ll erlitt und ungebremst auf mehrere haltende Autos auffuhr.
FOTO: GERHARD BERGER Bei diesem Unfall im November auf der Kölner Straße entstand der höchste Sachschade­n des Jahres: 142.000 Euro. Fünf Menschen wurden leicht verletzt, als ein Fahrer einen Krampfanfa­ll erlitt und ungebremst auf mehrere haltende Autos auffuhr.

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