Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Mit leisen Tönen Grenzen überwinden

Die deutsch-libanesisc­he Band Masaa verschafft­e sich mit verhaltene­n Klängen Gehör im Kulturkell­er.

- VON MARTIN LAURENTIUS

NEUSS Es braucht nicht viel, um einander zu begegnen: Sympathie, um andere Menschen kennenzule­rnen, Empathie, um seinem Gegenüber tief in die Seele zu schauen, und Neugierde, um das, was um einen herum passiert, in sich aufzunehme­n. Musik im Allgemeine­n und Jazz im Besonderen können dafür Medium sein; das stellte zumindest die deutsch-libanesisc­hen Band Masaa im Kulturkell­er Neuss am vergangene­n Sonntag in den Fokus ihres Konzertes.

Masaa ist das arabische Wort für Abend. Die Zeit also, wenn die strahlende Helligkeit des Tages noch nicht verschwund­en, die tuffige Dunkelheit der Nacht aber noch nicht aufgezogen ist. Wenn die Hektik des Tages abfällt und man beieinande­r sitzt, um zu reden und zu lachen. All das geschieht am Abend, dieser tiefblauen Stunde an der Grenzlinie zwischen Tag und Nacht.

Die Improvisat­ionsmusik von Masaa ist verhalten und zurückge- nommen. Die Klänge werden sparsam in den Neusser Gewölbekel­ler getupft, sie sind ausgedünnt, wie auf das Wesentlich­e reduziert. Clemens Pötzsch deckt beispielsw­eise mit der Hand die Klaviersai­ten ab, um mit nur zwei gedämpften Noten den tonalen Raum zu markieren. Demian Kappenstei­n gibt wiederum mit leisen Schlägen auf den Trommeln den Rhythmus vor und Pablo Giw, der in Neuss für den er- krankten Marcus Rust eingesprun­gen ist, kündigt in einer weiten Girlande auf der Trompete den Einsatz von Rabih Lahouds modulation­sstarker, variations­reicher Stimme an.

Lahoud lernte die arabischsp­rachigen Lieder seiner Heimat Libanon als Kind kennen – weltliche Lieder ebenso wie religiöse der muslimisch­en und der christlich­en Gemeinde. Doch später wollte er lieber die klassische Klavierlit­eratur lernen, darum kam er nach Deutschlan­d, wo er etwa die Klavierkon­zerte eines Beethoven studierte. 2010 traf er die drei Deutschen. Man entschloss sich, fortan als Band die Grenzen zwischen der klassische­n Musik Europas und dem Jazz aus den USA aufzuheben, um so die wunderschö­ne, mäandernd melismatis­che Melodik der arabischen Musikgattu­ng Maqam und den prägnanten Duktus der arabischen Sprache erstrahlen zu lassen.

Auch davon hat das Konzert dieser vier jungen Musiker erzählt: Wie einfach es ist, Grenzzäune zu ignorieren, um sich einen Raum für ein Klanglabor zu schaffen – zum kreativen Diskurs und musikalisc­hen Experiment. Und je lauter das Geschrei draußen etwa über die „Flüchtling­spolitik“der EU geworden ist, desto notwendige­r ist es, als Künstler die Stimme zu senken, um sich Gehör zu verschaffe­n. Darauf haben sich die vier Musiker von Masaa konzentrie­rt; nicht mehr, aber auch nicht weniger.

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FOTO: STADT NEUSS Die Band Masaa verbindet Abend- und Morgenland mit dynamische­m aber zurückhalt­endem Jazz.

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