Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

„Ein Aufstieg kann nie falsch sein“

Bernard Dietz (69) gilt als lebende Fußball-Legende beim MSV Duisburg. Der stellvertr­etende Vorsitzend­e freut sich auf das Zweitliga-Derby gegen Fortuna Düsseldorf. Und er träumt von einer Aufstiegsf­eier in seinem Garten im Münsterlan­d.

- VON PATRICK SCHERER

DUISBURG Plötzlich rauscht es am anderen Ende der Leitung. Das Telefon scheint verrutscht. Da meldet sich die Stimme wieder. „Einen Moment“, sagt Bernard Dietz. „Toll, das müssten Sie sehen. Da sind gerade 200 Kraniche über mir.“

Bernard Dietz, 53-maliger Fußball-Nationalsp­ieler, 529 Mal als Profispiel­er in den obersten deutschen Ligen auf dem Platz, steht in seinem Garten. Im Münsterlan­d. In Waldstedde, einem etwa 3000 Einwohner zählenden Stadtteil von Drensteinf­urt. „Früher waren es nur 300“, erzählt der 69-Jährige. „Aber alles ändert sich. Nur wir nicht. Wir leben seit 44 Jahren hier und bleiben auch.“Dietz pflanzt gerade Sträucher wieder ein, die er über den Winter vor dem Frost geschützt hatte. „Nächste Woche vertikutie­re ich den Rasen“, sagt er. Die Gartenarbe­it ist eine seiner beiden großen Leidenscha­ften. Die andere ist der Fußball. Und auch da hat er eine Heimat, der er immer treu bleiben wird: das Ruhrgebiet.

Zwölf Jahre trug Dietz das Trikot des MSV Duisburg, fünf das von Schalke 04. Beim MSV ist er eine Vereinsleg­ende. Und als stellvertr­etender Vorsitzend­er des Stammverei­ns in Amt und Würden. Morgen fährt er wieder die 110 Kilometer zur Arena in Wedau. Dann sind seine Meideriche­r endlich mal wieder Teil eines Topspiels in der 2. Liga. Und dann auch noch eines mit Derbychara­kter – gegen Spitzenrei­ter Fortuna Düsseldorf (13.30 Uhr).

„Die vergangene­n Jahre waren schon teilweise schwer“, erzählt Dietz. Die drohende Insolvenz 2013 hat ihn mitgenomme­n. „Ich war dabei in Frankfurt, als wir vor dem Kadi waren. Das war schon brutal. Das möchte ich nicht mehr mitmachen.“Umso mehr genießt er den Moment. Der MSV hat erstmals wieder eine Lizenz ohne Auflagen, spielt ansehnlich­en Fußball und steht als Aufsteiger auf Platz vier. Neun Spieltage vor Saisonende. Da darf sogar von der Bundesliga­Rückkehr geträumt werden.

„Ich habe mit dem Trainer schon gesprochen. Aber der sagt: ,Lass mich mit dem Quatsch in Ruhe. Erst will ich die 40 Punkte gegen den Abstieg sicher haben’“, sagt Dietz. 37 haben die Duisburger bis jetzt gesammelt. Ein Sieg gegen Düsseldorf, dann wäre das Ziel von Coach Ilia Gruev erreicht. „Ich glaube schon, dass der Trainer dann auch intern das Ziel Aufstieg ausgeben würde. Wir können doch nur gewinnen. Wenn es reicht, toll. Wenn nicht, ist es auch egal. Aber man braucht doch ein Ziel.“

Dietz unterhält sich viel mit MSVÄlteren und Fans. Ähnlich wie im Umfeld bei Fortuna gibt es auch da viele, die sagen, ein Aufstieg käme zu früh. „Ach, das ist doch Käse. Und wenn wir direkt wieder absteigen, ist es halt so. Aber dann ist der Verein finanziell gesund. Dann hätte man 20 Millionen Euro Fernsehgel­d eingenomme­n und könnte in eine vernünftig­e Zweitligam­annschaft investiere­n“, sagt Dietz. „Ein Aufstieg kann nie falsch sein.“Von Gruev hält er eine Menge. „Er ist ein toller Trainer“, sagt Dietz über den Bulgaren, der unter ihm als Interimstr­ainer 2002/03 sieben Spiele im MSV-Trikot absolviert­e. Dietz gefällt, was er auf dem Rasen geboten bekommt. „Ich würde ja gerne noch richtig spielen, aber wenn ich aufstehe, dann melden sich die Knie.“

Das Einzige, was Dietz in diesen Tagen neben seinen Knien nicht so recht passt, ist der Zuschauerz­u- spruch beim MSV. „Die Fans haben uns in schweren Zeiten sehr geholfen“, betont er. „Aber: Wir wollen uns doch weiterentw­ickeln. Es darf sich keine Zufriedenh­eit einstellen. Wir haben Ziele, da brauchen wir die Zuschauer. Mir tut das weh, wenn ich zum Beispiel die Zahlen mit Dresden vergleiche.“Bei Dynamo kommen in dieser Spielzeit im Schnitt 27.499 Besucher ins Stadion (Platz drei in der zweiten Liga). Beim MSV sind es 15.149 (Platz elf). Da geht der Blick auch etwas neidisch rüber nach Düsseldorf (26.050/ Platz vier), wo Verantwort­liche aber auch zuletzt mehr Unterstütz­ung für ihre Fortuna gefordert hatten.

An die Duelle mit Fortuna als Aktiver hat Dietz keine besondere Erinnerung. „Meist standen beide im unteren Tabellendr­ittel“, erzählt Dietz. „Sonntag geht es um mehr.“

Auf einen Mann, den er schätzt, freut sich Dietz dann besonders: Friedhelm Funkel, Fortunas Trainer. Fünf Mal stieg der 64-Jährige bereits aus der zweiten Liga in die Bundesliga auf. 1996 mit dem MSV. „Ich würde es natürlich uns beiden gönnen aufzusteig­en“, sagt Dietz. Er lacht herzhaft. „Wenn wir es tatsächlic­h schaffen sollten, machen wir sicher ein Grillfest mit der Familie bei uns.“Bis Mai hat er also noch Zeit, den Garten richtig auf Vordermann zu bringen.

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FOTO: DPA MSV-Ikone Bernard Dietz (im Interview) feiert 2017 mit Fans im Duisburger Stadion den Aufstieg in die zweite Bundesliga nach dem entscheide­nden 3:1-Sieg gegen Holstein Kiel am 37. Spieltag der dritten Liga.

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