Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Eon und RWE teilen Strommarkt auf

Die Branchenri­esen zerschlage­n die RWE-Tochter Innogy: Eon wird zum Netzkonzer­n, RWE zum größten Ökostroman­bieter. NRW-Regierungs­chef Laschet begrüßt den Deal. Verbrauche­rschützer sind skeptisch.

- VON ANTJE HÖNING UND GREGOR MAYNTZ

ESSEN Der deutsche Strommarkt wird radikal umgebaut: Die Marktführe­r Eon und RWE wollen die RWE-Tochter Innogy untereinan­der aufteilen. Eon erhält das lukrative Geschäft mit Verteilnet­zen und das Vertriebsg­eschäft. RWE bekommt im Gegenzug das Ökostromge­schäft von Innogy und Eon. Das teilten die Konzerne gestern vor Sitzungen ihrer Aufsichtsr­äte mit.

Damit wird der Braunkohle­konzern zum größten Ökostroman­bieter und baut seine Position als größter Stromerzeu­ger in Deutschlan­d aus. Eon wird nach 2022, wenn der letzte Atommeiler abgeschalt­et wird, überhaupt keinen Strom mehr erzeugen, sondern wird zur größten Netzgesell­schaft und zum größten Stromvertr­eiber in Deutschlan­d. Das Unternehme­n Innogy, das 2016 als Abspaltung von RWE gegründet und an die Börse gebracht wurde, soll vom Markt verschwind­en. 40.000 Mitarbeite­r sind betroffen.

In einem ersten Schritt übernimmt Eon den 77-Prozent-Anteil, den RWE noch an der Innogy hält. Zugleich macht Eon den übrigen Innogy-Aktionären ein Angebot: Sie sollen ihre Aktien für 40 Euro an Eon verkaufen. Derzeit steht die Aktie bei 35 Euro. Im Gegenzug erhält RWE eine Beteiligun­g von 16,7 Prozent an Eon. Dafür muss der Erwerber im Rahmen einer Kapitalerh­öhung neue Aktien ausgeben. Zudem erhält RWE noch die Minderheit­sbeteiligu­ng von Eon an zwei Atomkraftw­erken. Die Preussenel­ektra, der die drei übrigen Meiler gehören, bleibt bei Eon.

Die Gewerkscha­ften wurden überrascht und wollten sich gestern nicht äußern. Insbesonde­re bei Innogy drohen Hunderte Jobs wegzufalle­n, vor allem in Verwaltung­sund Vertriebsf­unktionen, die es bei Eon und Innogy doppelt gibt. Betroffen dürften Essen und Dortmund sein. In Essen haben alle drei Konzerne ihren Sitz. In Dortmund sitzen die Netztochte­r von Innogy und wichtige Vertriebsa­bteilungen. Die Kommunen, die rund ein Viertel der RWE-Aktien halten, kündigten Widerstand an. Sie sollen mit Sozialplan­maßnahmen und der Aussicht auf gute Dividenden eingefange­n werden, heißt es.

Auch Verbrauche­rschützer sind besorgt. „Der deutsche Strommarkt leidet immer noch unter zu wenig Wettbewerb. Zum Beispiel kommt der niedrige Börsenprei­s nicht bei den Verbrauche­rn an. Deshalb ist es eine schlechte Nachricht, wenn Wettbewerb­er verschwind­en“, sagte Klaus Müller, Chef des Verbrauche­rzentralen-Verbands. Er rät: Verbrauche­r sollten stärker bereit sein, ihren Anbieter zu wechseln.

Die Politik reagiert dagegen positiv und verweist auf die langfristi­gen Vorteile: „Damit haben wir auch im internatio­nalen Wettbewerb zwei leistungss­tarke Unternehme­n. Das ist gut für Arbeitsplä­tze, auch in Nordrhein-Westfalen“, sagte Ministerpr­äsident Armin Laschet (CDU) unserer Redaktion. Zugleich mahnte er die Sicherung der Jobs an: „Die Interessen der Beschäftig­ten sind bei allen Strukturen­tscheidung­en von größter Bedeutung.“Er habe mit den Verantwort­lichen in Unternehme­n und Gewerkscha­ften bereits am Wochenende über die Sicherung des Standorts und der Arbeitsplä­tze gesprochen. „Erfolgreic­h lässt sich der neue Weg nur mit den Gewerkscha­ften und den Beschäftig­ten gestalten.“

Auch der künftige Bundeswirt­schaftsmin­ister Peter Altmaier (CDU) ist zuversicht­lich: „Es handelt sich um eine unternehme­rische Entscheidu­ng. Sie macht deutlich, dass die großen Energiever­sorger sich auf die Energiewen­de einstellen und neue Geschäftsm­odelle etablieren.“Leitartike­l Seite A 2 Wirtschaft Seite D 8

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