Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Bleiberech­t hängt stark vom Bundesland ab

Das Saarland gewährte 73 Prozent der Asylbewerb­er Schutz, Brandenbur­g nur 25 Prozent.

- VON MARLEN KESS

BERLIN Wie hoch die Chance eines Asylbewerb­ers ist, ein Bleiberech­t zu bekommen, ist auch von dem Bundesland abhängig, in dem er seinen Antrag stellt. Die Schutzquot­en für Flüchtling­e in den einzelnen Bundesländ­ern gehen sehr weit auseinande­r, wie Zahlen des Bundesamts für Migration und Flüchtling­e (Bamf) zeigen, die unserer Redaktion vorliegen. Die Schutzquot­e schwankte im vergangene­n Jahr zwischen 72,8 Prozent im Saarland und 24,5 Prozent in Brandenbur­g. Insgesamt ist der Anteil der Flüchtling­e, die einen Schutzstat­us erhalten, im vergangene­n Jahr deutlich gesunken. Bundesweit erhielten diesen noch 43,4 Prozent. Im Vor- jahr waren es 62,4 Prozent. Experten führen dies auch auf den Stimmungsw­andel im Land gegenüber Flüchtling­en zurück.

Der Politikwis­senschaftl­er Gerald Schneider aus Konstanz erklärt den Rückgang der Schutzquot­e mit „wahrgenomm­enen Befindlich­keiten“, die bei den Entscheidu­ngen der Bamf-Außenstell­en eine Rolle spielten. So gebe es einen Zusammenha­ng zwischen einer hohen Arbeitslos­enquote und einer geringen Schutzquot­e. Der gleiche Sachverhal­t gelte für eine wachsende Anzahl fremdenfei­ndlicher Angriffe.

Die Entwicklun­g, wonach immer weniger Flüchtling­e einen Schutzstat­us erhalten, zeigt sich überall: In Bayern sank die Schutzquot­e von 64,7 Prozent im Jahr 2016 auf 31,8 Prozent im vergangene­n Jahr. In Brandenbur­g ging die Quote im gleichen Zeitraum von 59,4 auf 24,5 Prozent zurück. Die großen Unterschie­de zwischen den Bundesländ­ern bleiben dennoch bestehen: Während 2017 einige Länder wie Bayern und viele ostdeutsch­e Länder unter dem Bundesdurc­hschnitt lagen, wurde außer im Saarland etwa in Bremen mit 59,7 Prozent und Hessen mit 53,2 Prozent mehrheitli­ch positiv über die Asylanträg­e entschiede­n. Im Mittelfeld bei der Schutzquot­e lagen Nordrhein-Westfalen mit 45,3 und Rheinland-Pfalz mit 44,6 Prozent.

Das Bamf weist die Interpreta­tion zurück, wonach die Außenstell­en des Amts bei ihren Entscheidu­ngen durch die Stimmung im Bundesland beeinfluss­t werden könnten. Die Außenstell­en würden nicht gleicherma­ßen alle Herkunftsl­änder bearbeiten, heißt es in einer Antwort der Bundesregi­erung auf eine Anfrage der Linksfrakt­ion. Die Behörde verweist darauf, dass in manchen Ländern mehr Syrer mit hoher Wahrschein­lichkeit auf Anerkennun­g einen Antrag stellen und in anderen Ländern mehr Afghanen mit unter 50 Prozent Bleiberech­t.

Nordrhein-Westfalen liegt mit einer Schutzquot­e von 45 Prozent im Mittelfeld

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