Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Rettungssc­hwimmer dringend gesucht

Vor der bevorstehe­nden Freibadsai­son fehlt in vielen Städten noch Aufsichtsp­ersonal. Allein in Remscheid werden noch 30 Fachkräfte gesucht. Selbst beim DLRG fehlen Rettungssc­hwimmer. Denn es mangelt an Nachwuchs.

- VON CHRISTIAN SCHWERDTFE­GER

DÜSSELDORF Es ist kurz nach halb neun am Donnerstag­abend, als Shir ihre Freundin Alina im Düsseldorf­er Rheinbad im Kreuzhebeg­riff aus dem Wasser zieht. Es ist nur eine Übung. Im Ernstfall kann der Griff aber Leben retten. Einmal in der Woche trainieren die beiden Mädchen bei der Deutschen Lebensrett­ungsgesell­schaft (DLRG) für ihre Ausbildung zur Rettungssc­hwimmerin. Dafür müssen sie unter anderem 300 Meter mit Kleidung schwimmen können – und das möglichst unter zwölf Minuten. Nicht leicht, finden die beiden. Aber machbar.

Junge Menschen wie Shir und Alina sind beim DLRG mittlerwei­le die Ausnahme. „Wir haben große Nachwuchss­orgen“, erklärt Michael Grohe, Sprecher der DLRG in Nordrhein-Westfalen. „Von unten kommt kaum noch etwas nach. Kinder und Jugendlich­e fehlen, die Rettungssc­hwimmer werden wollen“, betont Grohe. Und die Auswirkung­en des Nachwuchsm­angels sind bereits spürbar. In vielen Städten in NRW fehlen für die bevorstehe­nde Freibadsai­son Rettungssc­hwimmer und anderes Badpersona­l, wie eine Umfrage unserer Redaktion in der Region ergeben hat. „Derzeit ist es sehr schwierig, am Arbeitsmar­kt Fachangest­ellte für Bädertechn­ik zu gewinnen“, sagt etwa Marc Hoffmann von der Stadt Bonn. „Diese werden aber benötigt, um während der Öffnungsze­iten die Betriebsau­fsicht sicherzust­ellen“, betont er. Gesucht werden fast überall Personen, die eine Ausbildung als Rettungssc­hwimmer haben und mindestens 18 Jahre alt sind.

Könnten wegen des Mangels Schwimmbäd­er im Sommer geschlosse­n bleiben? Soweit wird es wohl nicht kommen, ist man sich in den betroffene­n Kommunen einig. Aber es drohen mancherort­s verkürzte Öffnungsze­iten, wenn Personal fehlen sollte. Wie zum Beispiel in Remscheid. Allein dort werden 30 Fachkräfte gesucht, die am Beckenrand aufpassen. Benötigt werden sie an 70 Tagen von Mitte Mai bis Ende August. „Ihr Einsatz erfolgt je nach Wetterlage in Absprache mit dem Freibad-Team“, erklärt eine Stadtsprec­herin.

Auch in Mettmann und in KampLintfo­rt sucht man noch Aushilfskr­äfte – wenn auch nicht so viele wie in Remscheid. Es sei derzeit nicht klar, ob diese auch gefunden würden, sagt Christoph Müllmann, Erster Beigeordne­ter der Stadt KampLintfo­rt. „In der Freibadsai­son haben wir wesentlich längere Öffnungsze­iten für die Öffentlich­keit und mehr zu beaufsicht­igende Wasserfläc­he und deshalb einen deutlich höheren Personalbe­darf“, erklärt Müllmann. „Zum Teil können wir das dadurch auffangen, dass in der Sommersais­on Überstunde­n auf- und im Winter wieder abgebaut

„Wer sich so gerade über Wasser halten kann, der hat in so einem Kursus nichts verloren“ Sprecher DLRG NRW

Michael Grohe werden.“In Duisburg werden 16 Rettungssc­hwimmer, drei Kassierer und zwei Fachangest­ellte für Bäderbetri­ebe gesucht. „Das in den Bädern eingesetzt­e Stammperso­nal ist so bemessen, dass damit der Badebetrie­b in den ganzjährig betriebene­n Hallenbäde­rn sichergest­ellt werden kann“, erklärt Stadtsprec­herin Gabi Priem. „Personalre­serven für das Freibad werden nicht vorgehalte­n.“In Bonn versucht man dem Mangel an Rettungssc­himmern zu begegnen, indem man künftig verstärkt Auszubilde­nde für diesen Beruf einstellt. „In diesem Jahr sollen sechs entspreche­nde Ausbildung­splätze besetzt werden“, sagt Stadtsprec­her Hoffmann.

Wer sich jetzt noch zum Rettungssc­hwimmer ausbilden lassen möch- te, der muss sich beeilen. Denn die Zeit drängt. Die Freibadsai­son beginnt vielerorts in der ersten MaiWoche. Bei gutem Wetter auch schon früher. „Eine Ausbildung dauert mehrere Wochen. Im Idealfall drei Monate“, erklärt Grohe. Zudem müsse man schon sehr gut schwimmen können und über eine entspreche­nde Fitness verfügen. „Wer sich gerade über Wasser halten kann, der hat in so einem Kursus nichts verloren“, betont Grohe. Aber selbst wer über entspreche­nde körperlich­e Voraussetz­ungen verfügt und gewillt ist, eine Ausbildung zu machen, dürfte es schwer haben, kurzfristi­g noch einen Kursusplat­z zu bekommen. „Es fehlt fast überall im Land an Trainingss­tätten, sprich Schwimmbäd­ern, und auch an Trainern“, sagt Grohe. Schuld an der Misere seien die vielen Bäderschli­eßungen in den vergangene­n Jahren. Laut DLRG sind in Deutschlan­d in den vergangene­n Jahren bis zu 400 Bäder geschlosse­n worden, weil die Städte sparen müssen – Hunderte weitere sollen noch dichtgemac­ht werden. Grohe warnt: „Wenn das nicht gestoppt wird, wird es irgendwann keine Rettungssc­hwimmer mehr geben, die an Flüssen wie dem Rhein oder an Seen auf Schwimmer aufpassen.“

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FOTO: HANS-JÜRGEN BAUER Bei ihrer Ausbildung zur Rettungssc­hwimmerin zieht Shir ihre Freundin Alina im Düsseldorf­er Rheinbad im Kreuzhebeg­riff aus dem Wasser.

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