Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Der kleine Picasso aus Köln

Mit vier Jahren hat Mikail Akar seine erste Leinwand bekommen und drauflos gemalt. Der junge Kölner ist jetzt fünf – und eröffnete gestern mit seinen Eltern seine zweite Kunstausst­ellung.

- VON CLAUDIA HAUSER

KÖLN Mikail ist gerade in der Dinosaurie­r-Phase. Er stellt seine Tierfigure­n alle nebeneinan­der auf – den T-Rex, den Stegosauru­s und den mit dem Nackenschi­ld und den langen Hörnern. „Boah!“, sagt Mikail und zeigt auf die Hörner. Ansonsten mag Mika Bagger, wie die meisten kleinen Jungs. Aber er mag auch Farben, aus Acryl und Öl, er liebt weiße Leinwände, die er bemalen kann – und er mag Kölns Maler-Star Gerhard Richter. Warum? „Na weil der so riesige Leinwände hat“, sagt Mikails Vater Kerem Akar.

„Wir zwingen ihn zu gar nichts, wenn er keine Lust hat zu malen, malt er auch nicht“

Elvan Akar

Mutter

Mikail Akar ist fünf Jahre alt, 1,16 Meter groß und „Deutschlan­ds jüngster Abstrakt-Künstler“, so steht es auf der Einladung zu einer Vernissage in der Kölner Galerie „Kunstbrude­r“am kommenden Sonntag. 20 bis 25 Bilder wird Mika dort ausstellen – es ist schon die zweite Ausstellun­g des Kindergart­enkindes. Mika lebt mit seinen Eltern und seiner kleinen Schwester Mina im Kölner Stadtteil Nippes. An den Wänden hängen die Bilder des Jungen, Acrylmaler­eien auf Leinwänden. Mika wählt die Farben für seine Gemälde erstaunlic­h gut aus, alles passt zueinander, fließt ineinander und doch ist jedes Bild eine Welt für sich.

Zum vierten Geburtstag haben seine Eltern Mika eine kleine Leinwand und Fingerfarb­en geschenkt, einfach weil sie nicht wieder Lego oder noch mehr Playmobil kaufen wollten. Mika begann zu malen und als sein Vater das Bild abends sah, fragte er seine Frau Elvan: „Seit wann kannst du so toll malen?“Die 33-Jährige sagte: „Ich war das nicht“– und war selbst noch ganz erstaunt über das Bild, das ihr Sohn gemalt hatte.

Kerem Akar postete ein Foto des Bildes auf Facebook in der Gruppe „Nettwerk Köln“, und die Reaktionen überschlug­en sich. „Die einen wollten das Bild kaufen, die anderen beschimpft­en uns“, sagt Elvan Akar. Viele glaubten nicht, dass ein Vierjährig­er der Künstler ist, andere warfen dem Paar vor, den Sohn vermarkten zu wollen – der Vorwurf wird bis heute immer wieder laut, wie der 37-jährige Familienva­ter sagt. Seine Frau trat einfach aus der Facebook-Gruppe aus, er selbst wollte die Vorwürfe nicht so stehen lassen und postete ein Video, das seinen Sohn beim Malen zeigt.

„Wir zwingen ihn zu gar nichts, wenn er keine Lust hat zu malen, malt er auch nicht“, sagt Elvan Akar. Manchmal entscheide­t Mika nach drei Tagen, dass ein Bild fertig ist, manchmal tupft er auch nach zwei Wochen noch neue Farbe auf. Bei manchen Bildern gebraucht er eine Spachtelte­chnik oder einen Schwamm, andere gestaltet er mit seiner speziellen „Boxhandsch­uhtechnik“: Mika trägt dann die Boxhandsch­uhe seines Vaters, tunkt sie in Farben und boxt vorsichtig auf die Leinwand ein.

Seine Eltern haben sich früher nicht mit Kunst beschäftig­t. Mikas Vater arbeitet als Personaldi­sponent, seine Mutter in der Gastronomi­e. Heute sehen sie sich zusammen mit Mika Youtube-Videos an, in denen bestimmte Maltechnik­en vorgestell­t werden, sie wissen jetzt, welche Farben am besten sind und wo sie Leinwände herkriegen. Einige Künstler haben sich bei der Familie gemeldet, weil sie den kleinen Kollegen mal kennenlern­en wollten. „Die meisten finden seinen Sinn für Farben außergewöh­nlich“, sagt Kerem Akar. Deshalb heißt die aktuelle Ausstellun­g „Farbgefühl“.

Vor seinem fünften Geburtstag verschwand­en Mikas Eltern im Kel- ler des Mehrfamili­enhauses und schafften alles Gerümpel raus. Dann richteten sie ihrem Sohn sein erstes eigenes Atelier in dem kleinen Raum ein, das er am Geburtstag zum ersten Mal betreten durfte. Hier darf er machen, was er will – und seine Mutter muss nicht abends die Farbspritz­er vom Laminat kratzen.

Im Wohnzimmer der Familie sind die Spuren des kleinen Kunstmaler­s trotzdem noch überall zu sehen: Die weißen Essstühle, die Couch und die Wände sind an einigen Stellen bunt gesprenkel­t.

Mika selbst sagt übrigens wenig über seine Bilder, seine mehr als 3500 Fans auf Facebook und über seine Kunden, die immer wieder Gemälde kaufen, für 270 bis 1370 Euro. Es ist ihm egal. Mika zieht sich einfach seine Malschuhe an, die aussehen, als seien sie in einen Farbeimer gefallen, und pinselt drauflos, wenn er Lust dazu hat. Picasso hat einmal gesagt: „Jedes Kind ist ein Künstler. Das Problem ist nur, wie man ein Künstler bleibt, wenn man größer wird.“

Fürs Erste wünscht sich Mika, dass seine beiden Freunde aus dem Kindergart­en zur Ausstellun­gseröffnun­g kommen. Und er wünscht sich eine so riesige Leinwand, wie Gerhard Richter sie hat. „Dann muss ich auf eine Leiter steigen“, sagt er und klatscht in die Hände. Die Ausstellun­g „Farbgefühl“von Mikail Akar in der Galerie „Kunstbrude­r“, Händelstra­ße 51 in Köln, läuft noch bis zum 18. März.

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FOTOS: ANNE ORTHEN Mikail Akar (5) in seinem Atelier, das sich im Keller seines Elternhaus­es befindet.
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Das erste Werk von Mikail Akar.

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