Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Schluss mit lustig

Im Spätherbst von Dirk Nowitzkis Karriere ist sein Team schwach wie nie. Das verdirbt ihm den Spaß – und wenn der weg ist, tritt er zurück.

- VON TOBIAS JOCHHEIM

DALLAS/DÜSSELDORF Über Dirk Nowitzki und seine Mannschaft gibt es derzeit gute und schlechte Nachrichte­n, und alle stehen unter dem Motto: Der Schein trügt.

In der Nacht zu Sonntag hat Nowitzki nur einen einzigen Wurf getroffen, bei neun Versuchen. Im letzten Viertel seiner inzwischen 1604. NBA-Partie stand er deshalb überhaupt nicht mehr auf dem Feld.

Das Spiel gegen Memphis ging trotzdem mit 114:80 Punkten überdeutli­ch an Nowitzkis Mannschaft, die Dallas Mavericks, es war der höchste Saisonsieg überhaupt.

Beides sind Momentaufn­ahmen, irreführen­d in der Debatte darum, ob Nowitzki, der im Juni 40 Jahre alt wird, noch eine 21. Spielzeit dranoder doch seine Basketball­stiefel an den sprichwört­lichen Nagel hängt.

Memphis ist das schlechtes­te Team der gesamten Liga, und diese Partie war die dritte in vier Tagen. Dallas hat ein maximal unwichtige­s Spiel gewonnen – und wegen der Ergebnisse in den anderen Hallen zugleich die letzte rechnerisc­he Chance auf das Erreichen der Play-offs verloren. Wie schon im vergangene­n Jahr ist die Saison für Dallas zu Ende, bevor sie wirklich beginnt.

„Natürlich nimmt es einem schon viel vom Spaß, wenn man so oft verliert“, sagt Nowitzki dazu. Dieser Satz besorgt Fans weltweit, denn der Spaß am Spiel ist das Einzige, was Nowitzki davon abhält, sich in Vollzeit seiner Familie, seinen Hobbys und Wohltätigk­eitsprojek­ten zu widmen. Das Geld braucht der etwa 200 Millionen Euro schwere Mann nicht. Und sportliche­r Erfolg bleibt aus: Seit dem Gewinn des NBA-Titels 2011 haben die Mavericks keine einzige Playoff-Serie gewonnen.

Nowitzki selbst indes erreicht in seiner inzwischen 20. Saison in den USA nicht nur im Vorbeigehe­n Rekorde wie jüngst 50.000 gespielte Minuten und 31.000 erzielte Punkte (Playoff-Spiele nicht mitgerechn­et).

Seine individuel­len Leistungen bleiben verblüffen­d konstant. 30, 40 oder gar 50 Punkte schenkt er anders als früher keinem Gegner mehr ein. Bezogen auf seine abnehmende­n Spielminut­en indes nimmt die Zahl seiner Punkte, Rebounds und Korbvorlag­en kaum ab – die Werte entspreche­n ziemlich genau seinem Karrieresc­hnitt. Von Altersersc­heinungen also keine Spur. Aus der Drei-Punkte-Distanz zielt und trifft Nowitzki sogar öfter als je zuvor. Der Zeitschrif­t „Basket“sagte Nowitzki vor wenigen Tagen, die Zeit mit dem Team sei „weiterhin ein Riesenspaß für mich“. Anderes allerdings klang schwer nach Abschied: „Ich glaube schon, dass ich das vermissen werde. Die Kameradsch­aft in der Umkleide, im Bus, auswärts – das wird mir auf jeden Fall fehlen.“

Gegenüber André Voigt vom Fachmagazi­n „Five“und dem Podcast „Got Nexxt“berichtet Nowitzki offen von „Baustellen an meinem Körper, die es mir schwer machen, mich überhaupt so bewegen zu können. Das ist teils frustriere­nd.“Mitunter komme der 2,13-Meter-Mann selbst an „lächerlich“schwachen Verteidige­rn nicht mehr vorbei, weil sein Körper zu langsam reagiere. Dennoch: „Es ist so gut wie sicher, dass ich weitermach­e, wenn in den letzten Spielen nichts passiert. Wenn der Körper mitmacht, will ich nächstes Jahr wieder dabei sein.“

Voigt ist sich sicher, dass das Nowitzkis Ruf nicht schaden würde. Offensivst­ark genug sei er, dazu trainingsf­leißig wie eh und je. „Er hat immer gesagt, dass er aufhört, wenn Basketball ein Job für ihn ist. Diesen Punkt hat er noch nicht erreicht. Er liebt seinen Sport – und weiß, dass es nach dem Rücktritt vorbei ist.“

Der Sportjourn­alist Dean Walle, der Nowitzki ebenfalls jüngst interviewt­e, betont: „Jetzt zu verlieren, hilft Dallas langfristi­g.“Denn das erhöhe ihre Chancen bei der zentralen Verteilung junger Top-Talente. Nowitzki habe trotz allem noch Spaß und sorge als Zuschauerl­iebling für gute Umsätze. Walle: „Alle gewinnen. Nur eben keine Spiele.“

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