Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Die Rache der Geschasste­n

Entlassene­r FBI-Vize soll persönlich­e Notizen zu Trump angefertig­t haben.

- VON FRANK HERRMANN

WASHINGTON Die Regierung Donald Trumps sucht offenbar den Showdown mit dem Sonderermi­ttler Robert Mueller, um die Untersuchu­ngen der Russlandaf­färe abzuwürgen. Nachdem der US-Präsident mehrfach beteuert hatte, mit Muellers Kommission kooperiere­n zu wollen, blies einer seiner Rechtsbera­ter am Wochenende zur Offensive. Er bete, dass Rod Rosenstein, der zuständige stellvertr­etende Justizmini­ster, die Ermittlung­en nunmehr zu Ende bringe, schrieb John Dowd in einem Statement. Der Verdacht, Trumps Wahlkampft­eam könnte geheime Absprachen mit Russland getroffen haben, sei auf der Grundlage eines „verlogenen und korrupten“Dossiers konstruier­t worden, setzte der Anwalt hinzu und gab zwei ehemaligen Spitzenbea­mten des FBI die Schuld. Zum einen James Comey, dem im Mai geschasste­n Direktor der Bundespoli­zei, zum anderen Andrew McCabe, Comeys einstigem Stellvertr­eter, der jetzt unter dramatisch­en Umständen aus dem Staatsdien­st ausscheide­n musste.

McCabe hätte mit seinem 50. Geburtstag gestern das Alter erreicht, in dem er Ansprüche auf eine Pension in voller Höhe gehabt hätte. Offensicht­lich in der Absicht, ihn die Folgen vermeintli­cher Aufsässigk­eit finanziell spüren zu lassen, hat Justizmini­ster Jeff Sessions zwei Tage zuvor seine Entlassung verfügt. Wie Sessions den Schritt begründet, bleibt vorläufig unter Verschluss. Nach Recherchen amerikanis­cher Medien soll er herausgefu­nden haben, dass McCabe interne Informatio­nen über Nachforsch­ungen gegen Hillary Clinton an Reporter weitergab und dies später zu verschleie­rn versuchte. Die Ex-Außenminis­terin war ins Visier des FBI geraten, weil sie dienstlich­e E-Mails über einen privaten Server laufen ließ. Trump wiederum begleitete McCabes Rauswurf mit Worten, die nicht nur Häme verraten, sondern fast schon an eine Vendetta denken lassen.

Dies sei „ein großartige­r Tag für die hart arbeitende­n Männer und Frauen des FBI, ein großartige­r Tag für die Demokratie“, frohlockte er in einem Tweet. „Der scheinheil­ige James Comey war sein Boss, und er hat McCabe ausschauen lassen wie einen Chorknaben.“Stunden später polemisier­te Trump, ebenfalls via Twitter, gegen Mueller, den Vorgänger Comeys an der Spitze des FBI. „Wieso gehören dem Mueller-Team 13 eingefleis­chte Demokraten, einige Anhänger der betrügeris­chen Hillary und null Republikan­er an? Glaubt irgendwer, das sei fair?“Mueller, Comey, McCabe – in den Augen des Präsidente­n ist es ein Trio, das jenen „tiefen Staat“symbolisie­rt, den er schon als Kandidat aufs Korn nahm, oft in Form düsterer Verschwöru­ngstheorie­n.

Die härteste Retourkuts­che gegen Trump kam von John Brennan, dem letzten CIA-Chef im Kabinett Barack Obamas. „Wenn das ganze Ausmaß Ihrer Bestechlic­hkeit, Ihrer moralische­n Verwerflic­hkeit und politische­n Korruption erst bekannt ist, werden Sie Ihren gerechten Platz als blamierter Demagoge im Mülleimer der Geschichte einnehmen“, wetterte Brennan. Trump könne McCabe zum Sündenbock stempeln, aber er könne Amerika nicht zerstören – „Amerika wird über Sie triumphier­en“. Nach Medienberi­chten hat McCabe ähnlich wie Comey Notizen über seine eigenen Gespräche mit Trump gemacht, die jetzt Sonderermi­ttler Mueller vorlägen. Trump bestritt das gestern: McCabe habe niemals etwas aufgeschri­eben, wenn er mit ihm zusammen gewesen sei.

Comey, dessen Memoiren demnächst in die Buchläden kommen, wandte sich direkt an den Mann im Oval Office. „Herr Präsident, das amerikanis­che Volk wird meine Geschichte bald hören. Und es wird selber beurteilen können, wer ehrenhaft ist und wer nicht.“

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FOTO: IMAGO McCabe war von Januar 2016 an stellvertr­etender FBI-Chef.

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