Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Bayer hat Lieferprob­leme bei Flüssig-Aspirin

Die Pannenseri­e bei Bayers Arzneimitt­el-Produktion reißt nicht ab. Dieses Mal ist ein Lieferant aus Frankreich schuld. Notärzte benötigen Flüssig-Aspirin für Herzinfark­t-Patienten. Die Behebung des Engpasses soll Monate dauern.

- VON ANTJE HÖNING

LEVERKUSEN Während der BayerVorst­and alle Kraft in die Übernahme des US-Konzerns Monsanto steckt, tauchen im Pharma-Bereich immer neue Probleme auf. Jetzt hat Bayer Schwierigk­eiten, FlüssigAsp­irin zu liefern. Offiziell heißt das Mittel: „Asprin i.v.“und ist Pulver samt Lösung zur Herstellun­g einer Injektions- oder Infusionsl­ösung, die gegen Fieber und starke Schmerzen (wie Migräne) eingesetzt wird, aber auch von Notärzten bei Herzinfark­t- oder Angina-Pectoris-Patienten gespritzt wird, um das Blut zu verdünnen. „Wir sind bei Aspirin i.v. derzeit eingeschrä­nkt lieferfähi­g und liefern nur kontingent­iert aus“, sagte Bayer-Sprecherin Jutta Schulze unserer Redaktion.

„Ursache des Problems sind qualitätsb­edingte Ausfälle bei einem Lohnuntern­ehmer in Frankreich, der Aspirin i.v. für Bayer herstellt.“Die Mängel seien bei internen Kontrollen aufgefalle­n. Bei den verschreib­ungsfreien Aspirin-Tabletten gebe es dagegen keine Engpässe, betonte Schulze. Viele Formen von Aspirin gibt es freiverkäu­flich in der Apotheke. Manche Varianten wie Aspirin i.v. gibt es nur auf Rezept.

Schon 2017 war Bayer zeitweise gar nicht lieferfähi­g und meldete den Behörden entspreche­nde Engpässe. Das Problem: Bayer ist in Deutschlan­d der einzige Anbieter des Wirkstoffs in flüssiger Form. „Der Wirkstoff Lysinacety­lsalicylat­Glycin ist sehr komplex, der französisc­he Hersteller ist der einzige, der ihn für Bayer herstellt“, so die Sprecherin. Sie betonte: „Die Patientenv­ersorgung ist gewährleis­tet, zumal in der Notfallmed­izin auch die Aspirin-Tablette eingesetzt werden kann.“Auch die Gesellscha­ft für Notfallmed­izin erklärte 2017, Aspirin könne auch als Tablette verabreich­t werden. Krankenhau­sapotheker dagegen betonten, die Wirkung der Tablette sei eingeschrä­nkter und unzuverläs­siger – zumal nicht alle Notfall-Patienten mehr schlucken können.

Klar ist: Es wird noch lange dauern, bis der aktuelle Engpass behoben ist. „Wir nehmen das Problem sehr ernst und arbeiten an einer Lösung. Dies wird aber noch einige Monate dauern“, sagte Schulze. „Wir sind im Kontakt mit Klinikapot­heken und Behörden.“

Der Lieferengp­ass bei Aspirin reiht sich in eine Kette von Pannen, die Bayer bei der Herstellun­g verschreib­ungspflich­tiger Arzneimitt­el (Pharmaceut­icals) wie bei rezeptfrei­en Mitteln (Consumer Health) hat. Die Chefin von Consumer Health, Erica Mann, hat sich zum 1. März verabschie­det.

Im Sommer 2017 hatte Bayer Schwierigk­eiten bei der Lieferung von Bepanthen-Salbe. Damals waren technische Probleme bei der Einführung eines neuen Salben- und Creme-Mixers im Werk Grenzach bei Basel die Ursache.

Im Februar 2018 machte Bayer öffentlich, dass die amerikanis­che Gesundheit­sbehörde FDA die Herstellun­g von Arzneimitt­eln im Werk Leverkusen beanstande­t hat. Betroffen sind das Potenzmitt­el Levitra und der Blutdrucks­enker Adalat Oros. Diese werden in Leverkusen hergestell­t beziehungs­weise verpackt. Unter anderem monierte die Behörde, dass Bayer Rückstände nur unzureiche­nd beseitige, Qualitätsk­ontrollen nur unzureiche­nd ausführe und Informatio­nen zu Undichtigk­eiten nicht ausreichen­d nachgehe. Die Beseitigun­g der Mängel ist aufwendig, es kommt zu gravierend­en Lieferausf­ällen, die Bayer 300 Millionen Euro Gewinn kosten, wie Bayer unlängst einräumen musste. Schulze betonte, dass der aktuelle Aspirin-Fall nichts mit den Engpässen in Leverkusen zu tun habe.

Und nicht zuletzt hat Bayer Ärger wegen Iberogast. Das Bundesinst­itut für Arzneimitt­el sieht Risiken bei dem beliebten Magensaft: Bayer soll auf den Beipackzet­tel schreiben, dass Iberogast die Leber schädigen kann und von Schwangere­n nicht genommen werden darf. Bayer lehnt das ab. Der Fall liegt nun vor Gericht.

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