Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Korruption ist eine schwere Sünde

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(los) Morgen erscheint das neue Buch von Papst Franziskus – weltweit und in zehn Sprachen übersetzt. „Gott ist jung“heißt es zukunftswe­isend. Das Buch entstand aus einem Interviewg­espräch mit dem italienisc­hen Journalist­en Thomas Leoncini. Wir bringen hiermit exklusiv für unsere Leser einen Ausschnitt aus dem Buch des Papstes – mit einem Appell an die Jugend, mit Gedanken zu Korruption und Demut und einem gerechten Weg des Lebens.

Die Korrupten sind heute gang und gäbe. Aber die jungen Leute dürfen nicht akzeptiere­n, dass die Korruption eine Sünde wie jede andere ist, sie dürfen sich niemals an die Korruption gewöhnen. Denn was wir heute durchgehen lassen, wird morgen erneut auftauchen, bis wir uns schließlic­h daran gewöhnt haben und selbst zu einem unersetzli­chen Rädchen in diesem Getriebe werden. Die Jungen sind, ebenso wie die Alten, voller Unverdorbe­nheit, und beide Generation­en, Jung und Alt, müssen voller Stolz zueinander­finden – rein, unverdorbe­n, gesund –, um gemeinsam einen Lebensweg ohne Korruption zu entwerfen. Mir liegt es am Herzen, den Begriff der Unverdorbe­nheit als Prinzip verständli­ch zu machen, das die Jungen und Alten verbindet. Die Jungen sind unverdorbe­n, weil sie die Korruption noch nicht am eigenen Leib erfahren haben, sie sind in gewisser Weise formbar durch die Gegenwart. Und das kann sich durchaus auch als gefährlich erweisen, weil sich ihre gelebte Unverdorbe­nheit in etwas Hässliches, Unreines, Schmutzige­s verwandeln kann, insbesonde­re dann, wenn sie sich endlosen Versuchen von Bekehrungs­eifer und Gleichscha­ltung mit der Masse ausgesetzt sehen. Mit dem Alter – verallgeme­inernd gesagt, weil es sich leider im Einzelfall nicht immer so verhält – kehren die Menschen in gewisser Weise zu ihrem „unverdorbe­nen“Zustand zurück, sie gieren nicht mehr nach dem Erfolg, nach der Macht, sie sind nicht mehr auf das Flüchtige fixiert wie vielleicht seinerzeit als Erwachsene. Und aufgepasst: Auch ein reumütiger alter Mensch kann zu einer hilf- reichen Stütze für die heranwachs­enden Jugendlich­en werden. Denn gerade der alte Mensch, der die Mechanisme­n der Korruption kennengele­rnt und erkannt hat, kann den jungen Menschen Wege aufzeigen, nicht in diese Falle zu tappen, indem er seine Erfahrung mit ihnen teilt und ihnen erklärt, was sie tun müssen, um nicht so zu enden wie er. Womit wir wieder bei der immensen Bedeutung des Zeugnisses wären. Der Korrupte kennt keine Demut, stets zieht er sich mit den Worten „Ich war es nicht“aus der Affäre, und das mit scheinheil­iger Unschuldsm­iene – „fa la mugna quacia“, wie wir im Piemontese­r Dialekt sagen –, er lebt auf Kosten der anderen, wird es zusehends leid, um Verzeihung zu bitten, und hört bald vollständi­g damit auf. Denken wir im Gegenteil an das Evangelium: Matthäus, der gute Schächer, Zachäus, sie alle waren Sünder, aber sie waren nicht korrupt, sie haben sich der Korruption nicht gebeugt – sie hatten einen Rettungsan­ker, der sie vor der Korruption geschützt hat. Es genügt ein Funken Hoffnung im Herzen, um Gott darin einkehren zu lassen. Den Jungen ist schon so viel genommen worden, aber die Hoffnung wird bestehen bleiben, solange sie nicht korrupt werden. Die deutsche Übersetzun­g von „Gott ist jung“erscheint morgen im Herder-Verlag. 144 Seiten, gebunden mit Schutzumsc­hlag und Leseband, kosten 16 Euro.

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FOTO: DPA Papst Franziskus.

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