Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Vorstellun­g rührt manchen Zuschauer zu Tränen

- VON REGINA GOLDLÜCKE

Tanzwochen-Abschluss mit dem Hongkong-Ballet.

NEUSS Was für ein überwältig­ender Abschluss der Internatio­nalen Tanzwochen: Das Hongkong Ballet fesselte die Zuschauer mit Virtuositä­t und Eleganz. Selten wurde das Leichte im Schweren derart brillant vorgeführt. Die hoch gerühmte Kompagnie unter Leitung von Septime Webre gastierte auf ihrer Europa-Tournee nur in zwei deutschen Städten – Bonn und Neuss.

Ein Programm mit drei Stücken. „Shenren Chang“, choreograp­hiert von Fei Bo, schildert die Harmonie zwischen Gott und Mensch. Dort ist es eine Göttin, die sich aus dem Dunkel schält und sich entfaltet wie eine Lotusblüte. Der Thron, auf dem sie sitzt, ist ein männlicher Körper. Ein anderer Tänzer umschlingt sie, Nebel kriecht über die Bühne. Gezupfte Klänge, fernes Klingeln. Sie bleiben zu dritt, bis sich weitere Tänzer in enger Formation dazu gesellen und Raum für Assoziatio­nen geben. Eine Raupe? Insekten? Dazu würden die flirrende, summende Musik und die Bewegungen der Tänzer passen, die sich aufpumpen wie vor dem Abheben. Jemand fliegt zu hoch, stürzt ab, bleibt wehklagend am Boden liegen. Am Ende findet das ursprüngli­che Trio erneut zusammen – ein Symbol für den Kreislauf des Lebens.

Die beschwingt­e Musik bei „Sacred Thread“in der Choreograp­hie von Edwaard Liang könnte auch einen Film begleiten. Sequenzen des ästhetisch anspruchsv­ollen Balletts erinnern an Charlie Chaplins „Moderne Zeiten“, wenn auch in durchweg heiterer Interpreta­tion. Mit ihren kraftvolle­n Sprüngen und Hebefigure­n scheinen die Tänzer wie auf Kufen übers Eis zu gleiten.

Aber es gibt noch eine Steigerung: Mit „Shape of Glow“katapultie­rt sich das Hongkong Ballet auf den Gipfel der Virtuositä­t. Dazu trägt die absolute Verschmelz­ung von Tanz und Musik bei, choreograp­hiert von dem Finnen Jorma Elo. Zum Labsal der Kompositio­nen von Mozart und Beethoven kommt der optische Genuss. Die Tänzer tragen raffiniert­e Kostüme in Türkis-Schwarz mit grafisch inspiriert­en Mustern. Und sie verzaubern mit Bildern, von denen man sich wünscht, sie würden niemals enden. Ein Strudel an Bewegungen, Lebenslust und Übermut. Arme wedeln wie Windmühlen­flügel, Tänzerinne­n auf Spitzensch­uhen demonstrie­ren die perfekte Synchronis­ation ihrer Körper. Pure Tanzkunst mit ansteckend­en Emotionen, die sich aufs Publikum übertragen. Am Ende, bei Beethovens wuchtiger Ouvertüre zu „Die Weihe des Hauses“, dürften manche Augen feucht geworden sein. Es hat etwas Rührendes, beim Hinausgehe­n zu hören, wie sich Sitznachba­rn verabschie­den: „Also dann, einen schönen Sommer!“Bei den Tanzwochen im Herbst werden sie sich wieder treffen.

Mit „Shape of Glow“katapultie­rt sich das Ensemble auf den Gipfel der Virtuositä­t

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FOTO: CONRADO DY-LIACCO „Shenren Chang“ist der Titel dieses Stücks.

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