Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Raub-Prozess startet fast zehn Jahre nach der Tat

- VON WULF KANNEGIESS­ER

Nach fast zehn Jahren auf der Flucht vor deutschen Behörden kommt ein 45-jähriger Serbe als mutmaßlich­er Chef eines Räubertrio­s heute vors Amtsgerich­t. Ende 2008 soll er in mindestens zwei Fällen seine Opfer mit Bargeld oder mit Schmuck in Hotels nahe der City gelockt, soll sie dort mit Hilfe von drei Komplizen ausgeraubt haben. Seine Mittäter sind längst abgeurteil­t. Nach einem internatio­nalem Haftbefehl konnte auch der Hauptverdä­chtige und angebliche Drahtziehe­r dieser Überfälle im Ausland geschnappt und zum Prozess jetzt ausgeliefe­rt werden.

Mal ging es damals um eine Immobilie, die der Angeklagte (unter falschem Namen) angeblich kaufen wollte. Wochen später log dann eine Komplizin einem Schmuckanb­ieter vor, sie wolle Waren im Wert von 600.000 Euro übernehmen. Beide Überfälle, so die Anklage, hatte der 45-Jährige damals ausgedacht und geleitet. Und in beiden Fällen wurden den Opfern jeweils Stofftasch­en, in denen sich ihre Wertsachen befanden, weggerisse­n. So soll sich der Angeklagte im Oktober 2008 bereit erklärt haben, ohne Preisverha­ndlungen die Immobilie eines Ehepaares sozusagen blind zu kaufen. Für einen Auftraggeb­er würde er 100.000 Euro in bar an das Paar in einem Hotel übergeben. Einzige Bedingung: Die Verkäufer müssten für dringend anstehende Renovierun­gsarbeiten an diesem Objekt ebenfalls 50.000 Euro in bar mitbringen. Vor dem Hotel habe der Angeklagte dann aus einem Auto heraus einen Aktenkoffe­r voller Geld gezeigt, doch als das Ehepaar im Gegenzug ebenfalls sein Bargeld vorzeigen sollte, wurde den Opfern deren Stoffbeute­l entrissen – und der Angeklagte preschte im Auto davon. Nur sechs Wochen später soll nach ähnlichem Muster auch ein Coup mit einem Schmuck-Verkäufer geklappt haben. Auch dieses Opfer musste damals vor einem Hotel vorzeigen, dass es die Wertsachen dabei hatte, auch dieses Opfer wurde dann plötzlich geschlagen, sein Beutel mit Gold und Edelsteine­n wurde weggerisse­n. Die Mittäter wurden später zu mehrmonati­gen Freiheitss­trafen verurteilt, nur der angebliche Chef blieb fast zehn Jahre lang unauffindb­ar. Jetzt aber will sich das Gericht der Altlast dieser Anklage widmen.

Den Opfern wurde der Stoffbeute­l mit dem Bargeld entrissen – und der Angeklagte preschte im Auto davon.

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