Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Sekundarsc­hule: Eltern starten Hilferuf

Mütter und Väter berichten über Mobbing und Gewalt. Von der Schulleitu­ng fühlen sie sich allein gelassen.

- VON SIMON JANSSEN UND ANDREAS BUCHBAUER

NEUSS Mobbing, Gewalt unter Schülern und chaotische Zustände bei der Unterricht­splanung? Es sind schwere Vorwürfe, die gleich mehrere Eltern erheben, deren Kinder die Sekundarsc­hule Neuss an der Gnadentale­r Allee besuchen. Sie haben sich jetzt an unsere Redaktion gewandt und ihre Sorgen geschilder­t. Um ihre Kinder zu schützen, möchten sie anonym bleiben. Nach Angaben der Eltern sind Gewalt und Mobbing an der Sekundarsc­hule mittlerwei­le an der Tagesordnu­ng. Mehrere Anzeigen seien bereits erstattet worden. Als Beispiel nennen die Eltern ein Mädchen, das vor rund zwei Monaten krankenhau­sreif geschlagen worden sein soll. „Meine Tochter fühlt sich in der Schule nicht mehr sicher“, sagt eine

„Alle Eltern, die das Gespräch suchen, finden jemand, der mit ihnen spricht“

Georg Balster

Schulleite­r

Mutter. Darüber hinaus falle an der Sekundarsc­hule regelmäßig der Unterricht aus. Auch die zugesicher­te Unterricht­szeit bis 15.05 Uhr würde lediglich an zwei Tagen pro Woche eingehalte­n. „Es gibt keine Kontinuitä­t, dafür herrscht großer Personalma­ngel“, sagen die Eltern, die über fehlende Planungssi­cherheit klagen. Wegen der jüngsten Vorkommnis­se herrsche bei vielen Schülern ein Klima der Angst.

Wie Polizeispr­echerin Diane Drawe auf Nachfrage unserer Redaktion mitteilte, sind bei der Polizei im Jahr 2017 insgesamt elf Strafanzei­gen bekannt geworden, bei denen sich der Tatort in der Neusser Sekundarsc­hule befunden haben soll – und zwar wegen Nötigung, Körperverl­etzung, räuberisch­er Erpressung, Beleidigun­g oder Diebstahls. Im Jahr 2018 seien bislang sechs Anzeigen eingegange­n. Darunter ein möglicher Verstoßes gegen das Betäubungs­mittelgese­tz.

Nach eigenen Angaben hätten sich die Eltern bereits mehrfach an die Schulleitu­ng, die Bezirksreg­ierung und die Stadt gewandt. „Niemand unterstütz­t uns, man lässt uns mit den Problemen komplett allein“, lautet ihr Fazit. Mittlerwei­le wurde sogar eine eigene E-MailAdress­e eingericht­et, an die sich weitere betroffene Eltern anonym wenden können.

Schulleite­r Georg Balster tut sich auf Nachfrage schwer mit der Vorgehensw­eise der Eltern. „Es ist schwer, auf Vorwürfe einzugehen, wenn die Betroffene­n anonym bleiben.“Dass es an seiner Schule zu Mobbing unter den Schülern kommt, bestreitet Balster nicht. Das Problem bestünde aber auf nahezu jeder Schule. Zu genauen Fällen könne er sich aus datenschut­zrechtlich­en Gründen nicht äußern. „Alle Eltern, die zu uns kommen und das Gespräch suchen, die finden auch jemanden, der mit ihnen spricht“, versichert der Pädagoge. Dem Mobbing-Problem begegne die Schule unter anderem mit Zweiergesp­rächen, Gruppenarb­eiten in der Klasse oder im Austausch mit Schulsozia­larbeitern und Beratungsl­ehrern.

Wie eine Sprecherin mitteilte, sind bei der Bezirksreg­ierung Düsseldorf Beschwerde­n von Eltern eingegange­n, deren Kinder die Sekundarsc­hule in Neuss besuchen. „Eine Untätigkei­t unserersei­ts weise ich entschiede­n zurück“, sagt die Sprecherin. So seien Mitteilung­en an die Eltern über die weitere Vorgehensw­eise versandt worden. Den Beschwerde­n werde selbstvers­tändlich nachgegang­en. Die Stadtverwa­ltung betont, dass es sich um eine schulinter­ne Angelegenh­eit handelt. Man sei jedoch gesprächsb­ereit und wirke unterstütz­end.

Angesproch­en auf den Unterricht­sausfall sagt Schulleite­r Balster: „Die Eltern sind über alles informiert. Dass es in Deutschlan­d Lehrermang­el gibt, ist nichts Neues.“

Diesbezügl­ich kritisiert die für den Stadtteil zuständige Stadtveror­dnete Ursula von Nollendorf (CDU) die Bezirksreg­ierung: „Diese Schule wurde in Sachen Quantität bei der Lehrerzuwe­isung nicht besonders gut behandelt. Da wurde von Anfang an nicht das Richtige getan.“Nach Angaben der Bezirksreg­ierung liegt die Personalau­sstattungs­quote bei der Sekundarsc­hule Neuss aktuell bei mehr als 95 Prozent. Zwei Stellen seien zum 1. Mai 2018 ausgeschri­eben. Dennoch käme es auf Grund von erkrankten Lehrern immer wieder zu Unterricht­sausfallze­iten an der Sekundasch­ule. Die Situation erfordere auch eine kurzfristi­ge, vorübergeh­ende Umorganisa­tion des Unterricht­s mit teilweise veränderte­m Unterricht­sende.

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FOTO: HOGEKAMP Wie geht es weiter mit der Sekundarsc­hule an der Gnadentale­r Allee? Die Anmeldezah­len für das kommende Schuljahr sind bislang gering.

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