Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Gerichte prüfen Vorwurf der Rebellion

Der Fall Puigdemont stellt die deutsche Justiz vor eine große Herausford­erung. Vergleichb­ares

- VON FRANZISKA HEIN UND EVA QUADBECK

BERLIN Ob der ehemalige katalanisc­he Regionalpr­äsident Carles Puigdemont nach Spanien ausgeliefe­rt werden muss, soll jetzt die Justiz in Deutschlan­d entscheide­n. Dabei ist der Fall auch hochpoliti­sch. Wie haben die deutschen Behörden Wind davon bekommen, dass Puigdemont auf der A7 in Schleswig-Holstein unterwegs war? Durch einen europäisch­en Haftbefehl war Puigdemont zur Fahndung ausgeschri­eben. Die Sicherheit­sbehörden der EU-Staaten stehen in einem solchen Fall in Kontakt miteinande­r. In Deutschlan­d ist das Bundeskrim­inalamt (BKA) zuständig, das am Freitag die Informatio­n erhielt, dass sich der gesuchte Katalane in Finnland aufhält. Offen ist, woher das BKA den entscheide­nden Hinweis bekam, um die Polizei für die Festnahme in Gang zu setzen. Es wird spekuliert, dass der Tipp vom spanischen Geheimdien­st kam. Was ist ein europäisch­er Haftbefehl? Den europäisch­en Haftbefehl gibt es erst seit 2004. Das Land, in dem die gesuchte Person festgenomm­en wird, muss diese innerhalb von 60 Tagen nach der Festnahme an das Land übergeben, das den Haftbefehl gestellt hat. Der europäisch­e Haftbefehl hat die früher langwierig­en Auslieferu­ngsverfahr­en zwischen den EU-Staaten ersetzt. Er beruht auf dem Grundsatz, dass die Europäer gegenseiti­g die Entscheidu­ngen ihrer Gerichte anerkennen. Zurzeit ist keine Entscheidu­ng noch vor Ostern zu erwarten. Muss Deutschlan­d Puigdemont ausliefern? Schleswig 25.3.18: nahe Schleswig festgenomm­en, in JVA Neumünster gebracht ab 26.3.18: Justiz prüft, ob Voraussetz­ungen für Auslieferu­ng an Spanien gegeben sind Oktober 2017 1 2 3 Helsinki 22./23.3.18: Gespräche im Parlament, Vortrag an Universitä­t Barcelona 28.10.17: Puigdemont­s Regionalre­gierung abgesetzt 30.10.17: Anklage gegen ihn und Mitglieder der abgesetzte­n Regierung; Puigdemont verlässt Spanien Puigdemont werden in Spanien in Zusammenha­ng mit dem katalani- schen Unabhängig­keitsrefer­endum von Oktober 2017 Rebellion und Veruntreuu­ng von Haushaltsm­itteln vorgeworfe­n. Die deutschen Gerichte müssen nun überprüfen, ob es vergleichb­are Straftaten auch in Deutschlan­d gibt. Rebellion kennt unser Rechtssyst­em nicht, nur den Hochverrat gegen den Staat. Bei dem Vorwurf der Haushaltsv­eruntreuun­g scheint die Sache klarer. Vor diesem Hintergrun­d ist es denkbar, dass die deutsche Justiz den spanischen Kollegen die Auflage erteilt, Puidgdemon­t nur für die Straftaten anzuklagen, wegen derer er ausgeliefe­rt werden könnte. Das Strafmaß wäre bei der Veruntreuu­ng deutlich geringer als bei Rebellion. Sollte er tatsächlic­h wegen Rebellion belangt werden, drohen ihm 30 Jahre Gefängnis. Gab es in Deutschlan­d schon einmal einen vergleichb­aren Fall? Nein. Puigdemont ist ein Präzedenzf­all. Zumindest ist weder dem Bundesjust­izminister­ium noch dem Bundesamt für Justiz ein vergleichb­arer Fall mit europäisch­em Haftbefehl bekannt. Könnte Puigdemont in Deutschlan­d Asyl beantragen? Freilich könnte der Katalane einen Asylantrag in Deutschlan­d stellen. Über seinen Anwalt ließ Puigdemont aber bereits mitteilen, dies nicht tun zu wollen.

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QUELLE: DPA | FOTO: AP | GRAFIK: DPA, RP
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