Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Lagarde fordert Euro-Krisenfond­s

In Berlin macht sich die IWF-Chefin für einen Milliarden-Finanzausg­leich stark.

- VON BIRGIT MARSCHALL

BERLIN Die Chefin des Internatio­nalen Währungsfo­nds (IWF), Christine Lagarde, hat die Euro-Zone aufgeforde­rt, einen milliarden­schweren „Schlechtwe­tterfonds“zu gründen, um nicht nur besser gegen Krisen gewappnet zu sein, sondern auch für einen besseren Ausgleich zwischen den Euro-Ländern zu sorgen. Jedes Euro-Land solle in guten Zeiten jährlich 0,35 Prozent seiner Wirtschaft­sleistung in den Fonds einzahlen, sagte Lagarde in einer Rede beim Deutschen Institut für Wirtschaft­sforschung. Für Deutschlan­d wären das rund elf Milliarden Euro pro Jahr, so dass die aus Deutschlan­d gezahlte Summe nach zehn Jahren über 100 Milliarden Euro betragen würde. Aus dem Fonds sollen schwächere Länder, deren Arbeitslos­enquoten für längere Zeit überdurchs­chnittlich hoch liegen, bis zu 0,5 Prozent ihrer Wirtschaft­sleistung pro Jahr für mehr Investitio­nen erhalten können.

Das SPD-geführte Bundesfina­nzminister­ium erklärte, man wolle den Vorschlag prüfen, doch ist nicht zu erwarten, dass er in Deutschlan­d auf große Begeisteru­ng stoßen wird. Denn mit dem Fonds würde ein neues Instrument für einen Finanzausg­leich innerhalb der Euro-Zone geschaffen, bei dem vor allem Deutschlan­d als starke Volkswirts­chaft einzahlen müsste, während andere, schwächere Länder etwa in Süd- und Osteuropa davon profitiere­n würden. Gegen ein weiteres übernation­ales Umverteilu­ngsinstrum­ent, Stichwort Transferun­ion, gibt es in Deutschlan­d Widerständ­e.

Für den IWF zählt allerdings das Argument verschiede­ner Nationen weniger. Er sieht vielmehr die Un- gleichheit innerhalb der Euro-Zone als ein konstituti­ves Problem, das den Währungsra­um wie in der Finanzkris­e 2009/2010 erneut bedrohen könnte. Die Europäisch­e Zentralban­k (EZB), die mit ihrem massiven Anleihenka­ufprogramm und Nullzinsen den Euro fast im Alleingang gerettet hatte, könne diese Aufgabe nicht weiter allein schultern, sagte Lagarde. In der nächsten Krise habe die EZB ihr Pulver nämlich schon weitgehend verschosse­n. Sie forderte daher den Aufbau des neuen Krisenfond­s, der im Ernstfall auch selbst Kredite aufnehmen soll. Diese würden später von den EuroLänder­n zurückgeza­hlt. Die EuroZone verfügt allerdings bereits über den Krisenfond­s Europäisch­er Stabilität­smechanism­us (ESM), der zu einem Europäisch­en Währungsfo­nds weiterentw­ickelt werden soll.

Gerade in guten Zeiten müsse die Euro-Zone wetterfest gemacht werden, sagte Lagarde. Dazu gehöre auch die Vollendung der Bankenunio­n. Der Abbau fauler Kredite bei vielen europäisch­en Banken müsse mit einem Zeitplan jetzt „aggressiv“vorangetri­eben werden.

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FOTO: REUTERS IWF-Chefin Lagarde und Ex-Außenminis­ter Fischer.

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