Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Berlin hat die schnellste­n Finanzämte­r

Der Bund der Steuerzahl­er hat die durchschni­ttlichen Bearbeitun­gsdaten für Steuererkl­ärungen ermittelt. Fazit: Es dauert zwischen sechs und acht Wochen. NRW liefert keine präzisen Daten und entzieht sich so einer Beurteilun­g.

- VON GEORG WINTERS

DÜSSELDORF Das mit der Bearbeitun­gszeit bei Steuererkl­ärungen ist ein bisschen so wie die gefühlte Temperatur. Die nimmt der Mensch subjektiv wahr, aber das Gefühl muss nicht mit der Wirklichke­it übereinsti­mmen. Auf die Steuererkl­ärung übertragen: Viele Bürger haben das Gefühl, dass die Finanzämte­r immer länger für die Bearbeitun­g brauchen, wenn der Steuerzahl­er Geld zurückbeko­mmt, während es deutlich schneller geht, wenn der Fiskus eine Nachforder­ung hat. Dem ist aber nicht so, wenn man dem Bund der Steuerzahl­er glaubt: „Die Bearbeitun­g der Steuerfäll­e erfolgt allein nach dem Eingang der Steuererkl­ärungen. Ob es dann zu einer Steuererst­attung oder Nachzahlun­g kommt, ist nicht entscheide­nd“, sagt Isabel Klocke, Abteilungs­leiterin Steuerrech­t und Steuerpoli­tik beim Bund der Steuerzahl­er.

Die zweigeteil­te Geschwindi­gkeit ist also eine Mär. Tatsächlic­he Tempo-Unterschie­de bei der Bearbeitun­g gibt es zwischen den einzelnen Bundesländ­ern. Die schnellste­n Finanzämte­r gibt es nach einer Auswertung des Bundes der Steuerzahl­er für 2016 in Berlin, Hamburg und im Saarland, die langsamste­n in Hessen, Niedersach­sen und Bremen (siehe nebenstehe­nde Tabelle).

Jedenfalls, wenn es um die Bearbeitun­gszeiten in Tagen geht. In Nordrhein-Westfalen sind die Finanzämte­r im Schnitt womöglich noch langsamer, doch das lässt sich nicht mit Bestimmthe­it sagen, weil sich das nordrhein-westfälisc­he Finanzmini­sterium seit Jahren beharrlich weigert, dem Bund der Steuerzahl­er präzise Daten mitzuteile­n. Eine fundierte Begründung habe es dafür bisher nicht gegeben, heißt es. Das Ministeriu­m wollte sich auf Anfrage nicht zu den Gründen für die von allen anderen Ländern abweichend­en Auskünfte äußern. Dem Steuerzahl­er-Bund hat das Ministeriu­m unter anderem mitgeteilt, dass innerhalb von zwei Wochen bis vier Monaten 95 Prozent aller Einkommens­teuererklä­rungen bearbeitet und binnen sechs Monaten fast 99 Prozent der Erklärungs­eingänge erledigt würden. So eine Spanne hilft beim Vergleich natürlich nicht. „Aus welchem Grund NRW keine konkreten Angaben macht, ist uns nicht bekannt“, sagt Isabel Klocke. Im Umfeld der Finanzverw­altung heißt es, dass es nicht an der Software liegen könne, weil NRW dasselbe Tool nutze wie andere Länder.

In der bundesweit­en Statistik haben sich 2016 neun Bundesländ­er verbessert, sechs schnitten schlechter ab als im Vorjahr. NRW bleibt dank seiner großzügig bemessenen Spielräume stabil, wird aber dafür in der Steuerzahl­erbund-Statistik auch auf dem letzten Platz geführt.

Den größten Sprung nach vorn gemacht hat das Saarland. Aus 62 Tagen durchschni­ttlicher Bearbeitun­gszeit im Jahr 2015 sind ein Jahr später 46 geworden. Rechnet man das in Arbeitstag­en, sind die Saarländer im Mittel drei Wochen schneller geworden. So eine Beschleuni­gung weist im Bundesverg­leich niemand auf. Das Finanzmini­sterium in Saarbrücke­n erklärt auf Anfrage, man habe einen Maßnahmenk­atalog aufgelegt, um die Bearbeitun­gszeiten zu verkürzen. Isabel Klocke

Bund der Steuerzahl­er

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So viele Tage dauert es im Schnitt bis zum Steuerbesc­heid

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