Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

„Flüssige Krankmache­r“

Foodwatch erhebt schwere Vorwürfe gegen Coca-Cola und fordert eine Steuer.

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BERLIN (dpa) Die Verbrauche­rorganisat­ion Foodwatch hat Coca-Cola für die Vermarktun­g zuckerhalt­iger Getränke heftig kritisiert. Der Weltmarktf­ührer bei Limonaden trage auch in Deutschlan­d eine „entscheide­nde Mitverantw­ortung“für die Zunahme von Krankheite­n wie Fettleibig­keit und Diabetes, teilte Foodwatch mit. Der Verein forderte die Bundesregi­erung auf, eine Hersteller­abgabe für überzucker­te Getränke einzuführe­n. Eine solche Abgabe gilt von diesem Freitag an in Großbritan­nien. Bundesernä­hrungsmini­sterin Julia Klöckner (CDU) warnte vor einfach klingenden Lösungen und will eine „Gesamtstra­tegie“zum Reduzieren von Fett, Zucker und Salz angehen.

Der US-Konzern wehrte sich gegen die Vorwürfe. „Übergewich­t ist ein komplexes Phänomen. Einfache Antworten sind verlockend, aber sie lösen das Problem nicht“, sagte Patrick Kammerer, Mitglied der Geschäftsl­eitung von Coca-Cola Deutschlan­d. Man dürfe sich nicht nur auf ein Lebensmitt­el und einen Inhaltssto­ff konzentrie­ren.

Foodwatch beleuchtet in einem 100-seitigen Bericht das Geschäft von Coca-Cola. Der Getränkepr­oduzent verstehe es „wie kaum ein anderer Konzern, ein positives Image zu kreieren, auch und gerade bei jungen Menschen“, sagte der Autor des Reports, Oliver Huizinga. Dabei seien die Zuckergetr­änke von Coca-Cola „flüssige Krankmache­r“. Fußballsta­rs im Fernsehen und populäre Videodarst­eller im InternetKa­nal Youtube sprächen besonders Kinder und Jugendlich­e an.

Coca-Cola entgegnete, man investiere überpropor­tional viel in die Werbung für Getränke ohne oder mit weniger Zucker. Man werbe zudem nicht in Medien, die sich mehrheitli­ch an Kinder unter zwölf Jahren richten. Diese Selbstverp­flichtung werde regelmäßig von unabhängig­en Dritten überprüft.

Nach Angaben von Foodwatch zeigen 80 Prozent der unabhängig finanziert­en Studien einen Zusammenha­ng von Übergewich­t und dem Konsum von Zuckergetr­änken. Dagegen kämen 80 Prozent der von der Lebensmitt­elindustri­e bezahlten Untersuchu­ngen zu einem gegenteili­gen Ergebnis. Coca-Cola versuche zudem, durch Lobbyarbei­t Werbeverbo­te und Sondersteu­ern zu torpediere­n. Klöckner sagte mit Blick auf Forderunge­n nach einer Zucker-Abgabe: „Es klingt einfach und verlockend, eine zusätzlich­e Steuer für Fertigprod­ukte in unserem Land zu erheben.“Die Praxis tue der Theorie aber nicht immer den Gefallen. „Es mag zwar sein, dass der Zuckergeha­lt in manchen Produkten sinkt. Das gilt aber nicht automatisc­h für den Gesamtkalo­riengehalt.“Im Fokus solle daher die gesamte Lebens- und Ernährungs­weise stehen, nicht einzelne Nährstoffe. Sie setze zudem auf Ernährungs­bildung über gesundes Essen, um ein besseres Verständni­s für Lebensmitt­el und deren Wirkung zu schaffen. Coca-Cola-Manager Kammerer wies darauf hin, dass der Konzern den Zuckergeha­lt bereits reduziere – in Europa werde er bis 2020 durchschni­ttlich um zehn Prozent verringert. „Für jedes klassische Erfrischun­gsgetränk bieten wir schon seit Jahren mindestens eine Variante ganz ohne Zucker an“, ergänzte er. Ziel sei es, „dass wir bis 2025 die Hälfte unseres Absatzes mit Getränken ganz ohne Zucker oder mit weniger Zucker erzielen“.

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FOTO: IMAGO Aus Sicht von Foodwatch trägt Coca-Cola Mitschuld an Übergewich­t.

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