Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Ende einer Diva

Ein Biopic über Filmstar Gloria Grahame beginnt mit ihrem Karriere-Ende.

- VON MARTIN SCHWICKERT

Nicht jeder Filmstar lebt bis zum Ende seiner Tage in Ruhm und Reichtum. Viele geraten irgendwann einfach in Vergessenh­eit und fallen die Karrierele­iter wieder hinab, die sie in jungen Jahren mühevoll erklommen haben. Gloria Grahame hatte in den 50er Jahren als Femme fatale in einigen Film-NoirWerken einen guten Lauf, wurde 1953 als beste Nebendarst­ellerin in „Stadt der Illusionen“mit dem Oscar ausgezeich­net und 1960 mit einem Stern auf dem „Walk of Fame“geehrt. Aber dann bröckelte ihre Karriere langsam ab, vom Kino hin zu kleineren TV-Produktion­en und Theater-Engagement­s auf weniger bedeutende­n Bühnen.

Der britische Regisseur Paul McGuigans – der auch einige Folgen zur Erfolgsser­ie „Sherlock“beisteuert­e – betrachtet in „Film Stars Don’t Die In Liverpool“das Leben der einstigen Hollywood-Diva Grahame vom weniger rühmlichen Ende aus, als die krebskrank­e Gloria (Annette Bening) 1981 im englischen Lancaster vor einem Auftritt in der Garderobe zusammenbr­icht und von der Familie ihres früheren Liebhabers in Liverpool aufgenomme­n wird. Peter Turner (Jamie Bell) hatte Gloria Ende der 70er in einer Londoner Pension kennengele­rnt. Peter Turner ist erst Ende 20, Gloria Grahame schon Mitte 50, aber die Altersdiff­erenz ändert nichts an der gegenseiti­gen Faszinatio­n und Wertschätz­ung, die die beiden füreinande­r empfinden.

Vom Krankenbet­t im proletaris­chen Elternhaus, wo sich Peter und seine Mutter Bella (Julie Waters) rührend um Gloria kümmern, erzählt der Film in Rückblende­n von dieser generation­sübergreif­enden Liebe, die daran zerbricht, dass Gloria ihre Erkrankung vor Peter geheim hält. Dass Annette Bening als alternde Diva, die mit ihrem Äußeren hadert, aber nichts von ihrer inneren Strahlkraf­t verloren hat, brillant ist, dürfte niemanden überrasche­n. Im vergangene­n Kinojahr hat Bening in „Jahrhunder­tfrauen“die Kraft und die Melancholi­e des Alters aus weiblicher Sicht präzise auf den Punkt gebracht. Aber auch Jamie Bell, der mit 14 Jahren als „Billy Elliot“(2000) berühmt wurde, ist hin- reißend als Liebhaber, dessen SexAppeal sich vor allem durch Sensibilit­ät und Empathieve­rmögen bestimmt.

Bei solch einem fabelhafte­n Leinwandpa­ar kann man schon einmal über so manches Pathos, das hier mitunter recht großzügig unter die Zuschauer gebracht wird, und die allzu nostalgisc­he Gefälligke­it in der Ausstattun­g hinwegsehe­n. Film Stars Don’t Die In Liverpool, Großbritan­nien 2017, von Paul McGuigan, mit Jamie Bell, Annette Bening, Julie Walters und Vanessa Redgrave, 106 Minuten

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FOTO: SONY Annette Bening als einstiger Filmstar und Jamie Bell als junger Liebhaber in „Film Stars Don’t Die In Liverpool“.

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