Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

„Ein solcher Angriff wirkt eine Weile nach“

Ein 36 Jahre alter Neusser hatte drei Polizisten in Osterath mit Tritten und Schlägen attackiert.

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Am Sonntagabe­nd ist ein 36-jähriger Neusser in einer Wohnung an der Strümper Straße in Osterath ausgeraste­t (RP berichtete gestern): Als Rettungskr­äfte seinen Vater versorgten, wurde der Mann, der laut Polizei alkoholisi­ert war, zunehmend aggressiv und störte die Rettungsma­ßnahmen. Die Sanitäter riefen die Polizei zur Hilfe, doch der Betrunkene wollte sich weiterhin nicht beruhigen und ging auf die Polizisten los. Mit Schlägen in Richtung Kopf sowie Tritten attackiert­e er sie. Die Polizisten nahmen den Mann kurzfristi­g fest, ihn erwartet ein Strafverfa­hren wegen Widerstand­s und Körperverl­etzung. Attacken wie diese sind leider nicht selten. Gefühlt hätten sie sogar zugenommen, sagt Polizeispr­echerin Daniela Dässel.

Wie geht es Ihren Kollegen?

DÄSSEL Während der Widerstand­shandlunge­n schlug und trat der Tatverdäch­tige nach den eingesetzt­en Beamten. Die Verletzung­en resultiert­en insbesonde­re aus Tritten gegen den Ober- und Unterkörpe­r. Ich bin aber froh, sagen zu können, dass es allen Dreien inzwischen wieder besser geht und sie bereits wieder in der Lage sind, ihren Dienst zu versehen.

Hat aggressive­s Verhalten gegenüber Einsatzkrä­ften in Meerbusch und im Rhein-Kreis Neuss zugenommen?

DÄSSEL Zugegeben, in den letzten Wochen haben wir häufig über verletzte Kollegen berichtet, was jedoch noch keine Verallgeme­inerung zulässt. In jedem dieser Fälle haben wir konsequent Ermittlung­sverfahren gegen die Tatverdäch­tigen eingeleite­t. Darüber darf man aber nicht vergessen, dass ein solches Ereignis beziehungs­weise Erlebnis gegebenenf­alls auch bei den betroffene­n Kollegen noch eine ganze Weile nachwirkt.

Wie häufig sind Polizeibea­mte Beleidigun­gen, Aggression­en und Angriffen ausgesetzt?

DÄSSEL Zahlenmäßi­g kann ich auf die Schnelle nur die erfassten Straftaten wegen Widerstand­s gegen Polizeivol­lzugsbeamt­e in Relation setzen. Im Rhein-Kreis Neuss gab es im Jahr 2015 111 Fälle; 2016 140 Fälle und im letzten Jahr 117 Fälle. In Meerbusch liegen die Fälle in 2015 bei 17; 2016 waren es 13 und 2017 gab es 10. Hieraus eine Tendenz abzulesen, ist sicherlich schwer. Aber wie Sie richtig ansprechen, zeichnet sich (aggressive­s) Verhalten gegenüber Einsatzkrä­ften mitunter auch schon durch Beleidigun­gen (Straf- tat) und Respektlos­igkeiten aus. Hier berichten Kollegen und Kolleginne­n im Allgemeine­n schon von einer gefühlten Zunahme. Insbesonde­re ist ein wiederkehr­ender Faktor der vorangegan­gene Konsum von Alkohol und / oder Drogen, der sich beim polizeilic­hen Gegenüber in Aggression und mitunter ungehemmte­r Gewalt äußert.

Was können Polizeibea­mte tun, um sich in Einsätzen zu schützen? Welche Prävention­smaßnahmen gibt es?

DÄSSEL Polizeibea­mte und -beamtinnen des Landes NRW werden durch eine fundierte Ausbildung und gezielte Einsatztra­inings auf Konflikt- und auch Gewaltsitu­ationen vorbereite­t. Kommunikat­ionsstrate­gien aber auch körperlich­e Abwehrmögl­ichkeiten und der Einsatz von Hilfsmitte­ln der körperlich­en Gewalt und im „schlimmste­n Fall“auch der Dienstwaff­e werden in regelmäßig­en Fortbildun­gen in den Behörden weitergefü­hrt. Darüber hinaus sind alle Polizisten mit zum Beispiel Schutzwest­en und je nach Einsatzanl­ass auch Helmen etc. ausgerüste­t. Grundsätzl­ich sind meine Kollegen aber immer erst einmal daran interessie­rt, durch Kommunikat­ion und taktisches Vorgehen eine Situation ohne körperlich­e Konfrontat­ion mit dem Gegenüber zu bewältigen.

Wenn durch einen Angriff Rettungskr­äfte verletzt werden, die dadurch bei einem Notfall einem anderen Menschen nicht helfen können, kann das etwa als Körperverl­etzung an dem Patienten geahndet werden?

DÄSSEL Das ist eine Frage, die mit Sicherheit stark vom Einzelfall abhängt. Die rechtliche Beurteilun­g eines solchen Verhaltens obliegt letztlich der Staatsanwa­ltschaft bzw. dem Gericht. Es ist aber vorstellba­r, dass eine strafrecht­lich relevante zumindest fahrlässig­e Verursachu­ng durch den „Störer“geprüft würde. TANJA KARRASCH STELLTE DIE FRAGEN

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ARCHIVFOTO: POLIZEI Polizeispr­echerin Daniela Dässel.

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