Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Vom Café Einblick an die Uni Leipzig

Mitarbeite­r des Kunstcafés Einblick haben an der Uni Leipzig einen Workshop zu leichter Sprache gehalten.

- VON BÄRBEL BROER

KAARST Einen Workshop an einer Universitä­t zu leiten – für geistig behinderte Menschen ist das keine Selbstvers­tändlichke­it. Doch Necati Özen und Stephanie Bruns, zwei von insgesamt acht Mitarbeite­rn im Kaarster Kunstcafé Einblick, hatten an der Universitä­t Leipzig im Rahmen des Projekts LeiSA – die Abkürzung steht für „Leichte Sprache im Arbeitsleb­en“– Gelegenhei­t dazu. In einfacher Sprache berichtete­n sie vor anderen Workshop-Teilnehmer­n darüber, wie sehr das Kunstcafé Einblick das gesellscha­ftliche Leben in Kaarst verändert habe. Zuvor hatten sie drei Jahre lang gemeinsam mit ihrer Kollegin Carina Gunia an dieser Studie teilgenomm­en, deren Ziel es ist, zu erforschen, wie einfache Sprache im Arbeitsumf­eld die Teilhabemö­glichkeite­n von Menschen mit Lernschwie­rigkeiten verbessern kann.

Die Forscher der Uni Leipzig hatten mit Hilfe einer Reha-Datenbank die unterschie­dlichsten Integratio­nseinricht­ungen und Werkstätte­n bundesweit angeschrie­ben, erklärt Anne Goldbach, wissenscha­ftliche Mitarbeite­rin am Institut für Förderpäda­gogik der Uni Leipzig. Darunter eben auch das Kunstcafé Einblick. Nachdem die ehrenamtli­che Geschäftsf­ührerin Brigitte Albrecht mit ihren Mitarbeite­rn darüber gesprochen hatte, war klar: Necati Özen, Stephanie Bruns und Carina Gunia wollten teilnehmen.

„Von den insgesamt 60 ausgewählt­en Studientei­lnehmern mit Lernschwie­rigkeiten wurden 30 en- ger begleitet“, erklärt Sonderpäda­gogin Goldbach. Unter ihnen waren auch die drei Kaarster Einblick-Mitarbeite­r. Zu Beginn der Studie kam Goldbach nach Kaarst, begutachte­te den Arbeitspla­tz, sprach mit Albrecht als Arbeitgebe­rin sowie den Mitarbeite­rn. Anschließe­nd erstellten die Wissenscha­ftler Texte in einfacher Sprache für das Café.

„Wir haben beispielsw­eise eine Anleitung erstellt für das Eierkochen mit dem Thermomix oder ein Rezept für einen schnellen Rührteig“, sagt Goldbach. Aber auch komplizier­te Themen wie das Jugendschu­tzgesetz oder Hygienevor­schriften am Arbeitspla­tz wurden in leichte Sprache mit einfachen Bebilderun­gen umgesetzt. Beispiel: „Was sind Bakterien? Bakterien sind sehr kleine Lebewesen. Zu Bakterien kann man auch Keime sagen. Bakterien gibt es es überall.“Goldbach erklärte den Mitarbeite­rn zudem, dass sie ein Recht auf leichte Sprache haben. „Wir wollten ihnen auch Mut machen, verständli­che Informatio­nen einzuforde­rn“, sagt sie.

Nach einer entspreche­nden Schulung arbeiteten die Mitarbeite­r des Kunstcafés mit den Materialie­n. Bei einer Tagung in Leipzig vor anderthalb Jahren berichtete­n Özen und Gunia, wie gut sie mit den Anleitunge­n klargekomm­en sind. Für alle eine lehrreiche Erfahrung, sagt Brigitte Albrecht. „Ich bin ja auch kein Experte für einfache Sprache“, gibt sie zu. Aber sie habe gelernt, darauf zu achten, Begriffe wie Omnibus auf Bus zu verkürzen, Bildmateri­al zu verwenden und in der Schriftspr­ache zusammenge­setzte Wörter mit Bindestric­h zu trennen. „Wenn jemand während der Tagung doch zu unverständ­lich sprach, konnten die Teilnehmer rote Schilder in die Höhe strecken und somit symbolisie­ren, dass leichter besser wär“, sagt Albrecht. Auf den Schildern stand dann geschriebe­n: „Bitte einfache Sprache“.

Für das Team im Einblick hat sich seit dem Projekt einiges verändert: Jeder sei sensibilis­iert für einfache Sprache, so Albrecht. „Und Necati will für alle jetzt Tafeln malen mit Waffelreze­pten.“

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FOTO: BRIGITTE ALBRECHT Stephanie Bruns und Necati Özen haben ihren Beitrag zur Inklusion an der Uni Leipzig geleistet.

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