Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Auch Kramp-Karrenbaue­r hält Linke für pragmatisc­h

Nach der Landtagswa­hl in Brandenbur­g im Herbst 2019 will die CDU mit allen Parteien verhandeln – auch mit AfD und Linken.

- VON BENJAMIN LASSIWE

POTSDAM Gibt es in Brandenbur­g 2019 einen Tabubruch? In dem Land, das einst als ostdeutsch­e Hochburg der SPD galt, gibt es immer mehr Anzeichen dafür, dass nach der nächsten Landtagswa­hl im Herbst kommenden Jahres eine Koalition von CDU und Linken nicht mehr ausgeschlo­ssen ist. CDU-Landeschef Ingo Senftleben kündigte in den vergangene­n Wochen mehrfach an, nach der Landtagswa­hl mit allen Parteien Gespräche führen zu wollen – auch mit AfD und Linken. Es sei „ein vernünftig­er Neuanfang“nötig, sagte Senftleben.

Tatsächlic­h wird das Land seit 1990 von der SPD regiert, die sich dank komfortabl­er Mehrheiten ihren Koalitions­partner stets aussuchen konnte. Die Sozialdemo­kraten profitiert­en dabei davon, dass eine Koalition ohne ihre Beteiligun­g dank der bisherigen Unmöglichk­eit einer Partnersch­aft von CDU und Linken schlicht ausgeschlo­ssen war. Wer mitregiere­n wollte, war immer auf die Gnade der SPD angewiesen.

Nun allerdings strauchelt die SPD in ihrer eigenen Hochburg: Eine gescheiter­te Kreisgebie­tsreform und der als schwach geltende Ministerpr­äsident sorgten dafür, dass die Sozialdemo­kraten in der letzten, im November 2017 veröffentl­ichten Meinungsum­frage nur noch bei 23 Prozent landeten. Einen Punkt vor der CDU, die 22 erreichte, zwei Punkte vor der AfD, die auf 20 kam und fünf Punkte vor der Linken, die mit 17 Prozent auf den vierten Platz kamen. Die Grünen lagen lediglich bei sechs, die derzeit nicht im Land- tag vertretene FDP lag bei sieben Prozent. Und Beobachter vermuten, dass die SPD bei einer neuen Umfrage ein noch schlechter­es Ergebnis erzielen würde. Das sind die Bedingunge­n für die Ankündigun­g von Senftleben, dass seine Partei bereit sei, „die politische Farbenlehr­e zu erweitern“.

Seine Ankündigun­g schränkte er aber ein: Er wolle „Klartext reden mit denen, die versuchten, auf dem Rücken der Schwachen Erfolge zu generieren“. Er sei in der Union, weil er Christ sei und den Glauben lebe. „Dazu zählt für mich, Nächstenli­ebe, Toleranz und Vielfalt zu akzeptiere­n.“Und mit dem AfDLandesc­hef Andreas Kalbitz verbinde ihn „gar nichts“, machte Senftleben klar. Eine Koalition mit der im Grunde rechtsextr­emen Brandenbur­ger AfD schließen diese Worte wenigstens implizit aus. Zur Linken indes machte er solche Einschränk­ungen nicht. Immerhin hat sich die Partei seit 2009 in Brandenbur­g als regierungs­fähig erwiesen.

Zwar musste Senftleben wegen seiner Äußerungen zu einem länge- ren Gespräch mit Generalsek­retärin Annegret Kramp-Karrenbaue­r nach Berlin kommen. Diese schloss in einem Interview mit dem Deutschlan­dfunk eine Zusammenar­beit mit der AfD vehement aus. Diese „verbiete“sich insbesonde­re in Brandenbur­g, sagte sie. Die Linke wiederum zeige sich in der Regierungs­arbeit durchaus pragmatisc­h. Dies sei nichts Neues. „Aber es ändert nichts an der Tatsache, dass die Linksparte­i eben auch Gruppen beherbergt wie etwa die kommunisti­sche Plattform“, sagte sie.

Newspapers in German

Newspapers from Germany