Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Balance zwischen Kolonialze­it und modernem Leben

Zwischen den Orten Waikkal und Matara liegen nicht nur traumhafte Urlaubsstr­ände, es gibt auch viel von Sri Lankas Kultur zu sehen und reichlich Kolonialfl­air.

- VON MARTINA KATZ

Diandra balanciert ein Kissen auf dem Kopf, darauf ein Brett mit einem frisch gepressten Dachziegel. Mit dem rechten Arm stemmt die kräftige Sri Lankerin einen zweiten, mit dem linken einen dritten Ziegel und schlurft damit hinüber zu den fünf Meter hohen Holzregale­n. Dort klettert eine zierliche Frau im Sarong, dem traditione­llen Wickelrock, umher und sortiert eilig die getrocknet­en Dachpfanne­n von unten nach oben. Diandra legt ihre frischen Ziegel vorsichtig in die unterste Ablage. Schweiß rinnt ihr über das Gesicht. „Unsere Dachziegel sind echte Handarbeit. Wir verkaufen sie an Privatleut­e auf der ganzen Insel“, sagt die 45-Jährige von Antons Tile Factory stolz.

Im Dorf Waikkal an der Westküste Sri Lankas hat die Dachziegel­brennerei in kleinen Familienbe­trieben Tradition. Daneben stehen hübsche einfache Wohnhäuser, die katholisch­e St. Benedikt Kirche, ab und zu ein Kiosk und immer wieder Kokospalme­n. Tuk Tuks knattern mit Autos um die Wette, Frauen spazieren unter Regenschir­men als Sonnenschu­tz. Am Strand sonnen sich Urlauber unter Palmen oder schwatzen mit den Männern, die Ausritte auf ihren Pferden anbieten. Am Dutch Canal, dem Zimtkanal, der von Sri Lankas Hauptstadt Colombo kommt und sich auf mehr als 100 Kilometer Länge bis nach Puttalam parallel zur Küste erstreckt, wachsen Mangrovenw­älder und Wasserkoko­snüsse, Eisvögel flattern umher, Bindenwara­ne schwimmen im Wasser. Die Holländer bauten den Kanal im 18. Jahrhunder­t, um Zimt und Fisch zu den großen Häfen in die Südstädte zu transporti­eren. Heute nutzen die Fischer den Wasserlauf als Straße, um schnell vom eigenen Haus zum Meer zu gelangen – Waikkal lebt neben der Ziegelhers­tellung auch vom Fischfang. Jeden Morgen fahren die Männer in ihren Oruwas, traditione­lle EinbaumSeg­elboote, hinaus auf See und bieten ihren Fang anschließe­nd auf den Fischmärkt­en an.

Am Südzipfel Sri Lankas, wo eine haushohe Buddhafigu­r auf einem grünen Hügel über die goldgelbe Strandbuch­t des Urlaubsört­chens Unawatuna wacht, hocken die Fischer auf Holzpfähle­n im Meer und warten auf den großen Fang – ein Motiv, das die 20-RupienBank­note ziert. Was früher ein ertragreic­hes Geschäft war, ist längst zur Touristena­ttraktion geworden. „Als ich klein war, haben wir den ganzen Tag auf den Stelzen gehockt und gefischt“, sagt der 42-jährige Damasira, während er an Land seine Angel begutachte­t. „Heute setzen wir uns lieber darauf, wenn Touristen kommen, die Fotos von uns machen und dafür bezahlen. Denn mit dem Fischfang verdienen wir kaum mehr Geld.“Ein Kilo Sardinen und Makrelen fangen die Fischer pro Tag. Das reicht kaum für die Großfamili­e.

Besser dran sind da die Sri Lanker, die in der Hauptstadt Colombo leben. Zwar muss die Metropole mit einer Million Einwohnern täglich rund 500.000 Pendler verkraften, doch dafür gibt es Arbeit. Am Wochenende picknickt man am Galle Face Green zwischen Palmen und modernen Hochhäuser­n auf perfekt geschnitte­nen Rasenfläch­en und blickt auf das Meer oder hockt vor der Jami Ul-Alfar-Moschee.

Zwischen den Wipfeln der Kokospalme­n hangelt sich ein Mann, nur mit einem kurzen Tuch um die Hüften bekleidet und einem hölzernen Werkzeugka­sten auf dem Rücken auf gespannten Seilen entlang. Er hockt sich neben eine Blüte, hackt sie mit einem Beil ab und stülpt einen Krug darüber, in den der Saft tropft. „Ich gewinne Palmensaft. Aus dem machen wir Ceylon Arrak“, sagt Palmweinza­pfer Winson Silva, als er die Flüssigkei­t in einen Kanister am Boden kippt. Seit 40 Jahren klettert der 64-jährige „Toddy Tapper“auf seine Palmen. Und das täglich. „Toddy Tapping ist nichts für jedermann. Man muss mutig sein, und weil man mit Alkohol zu tun hat, braucht es eine Lizenz von der Lokalregie­rung“, erzählt Winson und steigt die nächste Palme hinauf.

Die Redaktion wurde von Tischler Reisen und Turkish Airlines zu der Reise eingeladen.

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