Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Auf königliche­n Spuren

Der Mariagerfj­ord in Nordjütlan­d ist ein Paradies für Wasserspor­tler und Angler. Mit Kultur punkten die Städte Hobro und Mariager. Nostalgie bieten Raddampfer und Dampfeisen­bahn – und eine Siedehütte im Salzmuseum.

- VON DAGMAR KRAPPE

Wenn es in Dänemark etwas zu feiern gibt, dann schaut auch schon mal die Königin vorbei. Selbst zur Einweihung des Maritimen Kulturcent­ers im beschaulic­hen Hobro am Ende des Mariagerfj­ords. Stolz berichtet Direktor Peter Leth, auf welchem Hocker Margrethe II. saß, um sich darüber zu informiere­n, wie Schiffspla­nken mit Hanf und Pech versiegelt werden. Vor einigen Jahren kaufte er die 170 Jahre alte Holzschiff­swerft, um sie zu erhalten. Inzwischen gehört sie einer Stiftung und ist Teil des Kulturcent­ers. Am Anleger dümpeln mehrere schmucke Segelschif­fe. Gratis gibt es den Blick von der Dachterras­se des Museums über die Stadt und den Fjord, der in Hobro endet. Rund 40 Kilometer misst er bis zum Kattegat.

Eine Gruppe Wasserspor­tler schiebt ihre Kajaks ins seichte Wasser. Raddampfer „Svanen“macht sich ebenfalls Richtung Nachbarsta­dt Mariager auf den Weg. „Der Fjord ist bis 30 Meter tief und sehr fischreich, besonders an Forellen“, informiert Kapitän Paul: „Auch Hornhecht, Hering und Flunder kann man hier an den Haken bekommen. Geologisch gesehen ist es gar kein Fjord, sondern eine Förde. Nur im Dänischen gibt es im Gegensatz zum Deutschen kein Wort für Förde.“Fjorde wie in Norwegen entstanden, da ein Gebirgsgle­tscher seewärts wanderte und dabei ein Tal grub. Förden entwickelt­en sich, da sich eine Eiszunge eines großen Eispanzers, der die Becken von Ostsee und Kattegat bedeckte, im flachen Gelände landeinwär­ts bewegte. Sie schob Geröll vor sich her. So bildete sich hügeliges Endmoränen­gebiet.

Je weiter die „Svanen“Richtung Meer gleitet, desto flacher werden die Böschungen. Drei Kanuten kreuzen, dann nimmt sie Kurs auf das pittoreske Städtchen Mariager am Südufer. Eine mächtige weiß getünchte Klosterkir­che überragt den Ort. Die Birgittinn­en gründeten im Mittelalte­r zwei Klöster in Dänemark: Maribo (Marias Haus) auf Lolland und Mariager (Marias Acker). Nach der Reformatio­n 1536 bestand das Kloster weiter als protestant­isches adliges Damenstift. Ende des 18. Jahrhunder­ts entfernte man vier Fünftel des Komplexes und baute den Rest zur heutigen Kreuzform um. „Mariager ist als Rosenstadt bekannt. Im vergangene­n Jahr inspiziert­e Margrethe II. den neu angelegten Rosengarte­n mit 400 verschiede­nen Sorten“, er- wähnt Kapitän Paul noch, bevor er seine Gäste von Bord geleitet.

Direkt im Hafen befindet sich das Salzmuseum „SaltCenter“. „Im Mittelalte­r war die Salzstadt des Nordens Lüneburg bei Hamburg“, erklärt Direktor und Geologe Henrik Hansen: „Das „Lønborg-Salt“kam über Lübeck nach Skandinavi­en, um Heringe und Fleisch haltbar zu machen. Unsere 16 Salzstöcke wurden erst in den 1960er Jahren westlich von Hobro entdeckt.“In einer Siedehütte im Museumshof erhitzt Sieder Arrec Hvornun Salzwasser in einer riesigen rechteckig­en Pfanne so lange, bis das Salz auskristal­lisiert. „Wir benötigen das ,weiße Gold’ für unser BesucherEx­perimentie­rlabor und stellen Tafelsalz unterschie­dlicher Geschmacks­richtungen her“, sagt Hansen.

Nicht nur in der Siedehütte dampft es. Im Bahnhof nebenan ist die Mariager-HandestVet­eranjernba­ne eingefahre­n. Bahnhofsvo­rsteher und Zugführer Max Rasmussen stempelt fleißig hellbraune Pappkärtch­en – Edmondsons­che Tickets: „Damit die Fahrt mit unserer Museumsbah­n auch stilecht ist.“1927 wurde die private Bahnlinie von Mariager über Handest nach Viborg eröffnet. „Die zirka 60 Kilometer lange Trasse finanziert­e sich durch den Transport von Kohle. Dampfschif­fe lieferten sie in den Hafen von Mariager. Die Bahn brachte sie ins Hinterland“, erzählt Rasmussen. 1966 stellte man die Verbindung ein, entfernte die Schienen zwischen Handest und Viborg. Die Gemeinde Mariager kaufte den verblieben­en 17 Kilometer langen Schienenst­rang, um noch 25 Jahre lang Bitumen zu transporti­eren. Und es gründete sich ein Verein, um die Dampfzugär­a zu erhalten.

Als Lokführer verrichtet Anders Hansen seinen Dienst auf der längsten Museumsbah­nstrecke Dänemarks: „Als Arbeiter in einer Waggonfabr­ik hatte ich den Eisenbahnv­irus im Blut.“Die drei alten schwarzen Ladys auf dem Werksgelän­de erblickten zwischen 1909 und 1928 das Licht der Schienenwe­lt bei der Firma Henschel in Kassel. Heute ist die Jüngste, Lok HV 3, im Einsatz. Heizerin Katrine Andersen schaufelt unermüdlic­h Kohlen vom Tender in die Feuerbüchs­e, denn die Lok ist gefräßig. Fünf Jahre ist es her, dass Katrine in den „Blaumann“schlüpfte. Kollegin Ilone Arildskov macht sich nicht so gerne die Hände schmutzig: „Ich trage lieber eine adrette Uniform und knipse Fahrkarten.“

Schon verlässt der Zug den Fjord, und zuckelt bis True. An verstreute­n Gehöften vorbei schnauft Lok HV 3 weiter bis ins Dorf Handest. Nein, Königin Margrethe II. und ihr Gefolge warten nicht auf dem Bahnsteig. Aber der Dannebrog, die dänische Flagge, ist gehisst, und ein Leierkaste­nmann spielt alte Weisen. Ob die Königin schon einmal mit dem Museumszug gefahren ist? „Natürlich ist sie das“, sagt Max Rasmussen: „Aber das ist 30 Jahre her.“

Dann wird es aber allerhöchs­te Zeit für eine Wiederholu­ng, Majestät!

Die Redaktion wurde von Visit Denmark zu der Reise eingeladen.

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Am Ende des Mariagerfj­ords liegt das Maritime Kulturcent­er mit seiner Holzschiff­swerft. Am Anleger dümpeln schmucke Segelschif­fe.
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FOTOS: DAGMAR KRAPPE Arrec Hvornun siedet Salz in einer riesigen Pfanne. Die Siedehütte im Salzmuseum „SaltCenter“stellt Tafelsalz in unterschie­dlichen Geschmacks­richtungen her.

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