Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Rechte und Pflichten von Beamten

Staatsdien­er müssen gegenüber ihrem Dienstherr­n absolut loyal sein und dürfen nicht streiken. Dafür hat der Beamtensta­tus aber auch viele Vorteile.

- VON SABINE MEUTER

Über Beamte kursieren viele Vorurteile: Faul seien sie, träge, nur auf Dienst nach Vorschrift und einen pünktliche­n Feierabend bedacht. Dabei gibt es „den Beamten“überhaupt nicht – dafür ist der Status des Staatsdien­ers viel zu facettenre­ich. Und auch sonst kursiert über Beamte viel gefährlich­es Halbwissen. Zur Aufklärung ein paar Fragen und Antworten rund um die Karriere im Staatsdien­st, mit all ihren Licht- wie Schattense­iten. Wie viele Beamte gibt es in Deutschlan­d? Ende Juni 2016 waren in Deutschlan­d 1,7 Millionen Beamte beschäftig­t. Diese Zahl nennt das Statistisc­he Bundesamt. Mit 1,3 Millionen Beamten arbeiten die meisten Staatsdien­er bei den Ländern. 186.335 Beamte sind bei den Kommunen tätig, 179.915 beim Bund und 31.240 Beamte in der Sozialvers­icherung. „In den Zahlen für Bund und Länder sind auch die insgesamt rund 30.000 Richter enthalten“, sagt Nils Kammradt, Bundesbeam­tensekretä­r bei der Gewerkscha­ft Verdi. Weitere rund 100.000 Beamte verrichten den Dienst bei der Post, Postbank und der Telekom. Wer gehört alles dazu? Beamtin oder Beamter zu sein ist kein Beruf – sondern ein Berufsstat­us, den man aufgrund seiner Qualifikat­ion und teilweise nach einem Vorbereitu­ngsdienst in der Verwaltung inne hat. So gibt es je nach Ausbildung und Laufbahn im öffentlich­en Dienst verschiede­ne Berufe – bei der Polizei, dem Zoll, in den Schulen, bei der Feuerwehr und in den Ministerie­n. Daneben existieren auch technische Berufe für Ingenieure, Meteorolog­en oder Seeleute. Was unterschei­det den Beamten von anderen Beschäftig­ten? Vieles, zum Beispiel die Bezahlung: Anders als bei Angestellt­en sind die Bezüge der Beamten kein Entgelt für einzelne geleistete Arbeiten. Vielmehr sind sie die Gegenleist­ung dafür, dass sie sich „mit ihrer ganzen Arbeitskra­ft dem Staat zur Verfügung stellen und ihre Dienstpfli­chten nach Kräften und treu erfüllen“, sagt ein Sprecher des Bundesinne­nministeri­ums. Beamte werden für diesen Einsatz von den Arbeitgebe­rn – ihrem Dienstherr­n – alimentier­t. Was bedeutet das konkret? Finanziell­e Sicherheit, komme fast was wolle. Denn nach diesem Alimentati­onsprinzip ist der Dienstherr verpflicht­et, Beamten einen angemessen­en Lebensstan­dard zu gewähren – auch bei Invaliditä­t und im Alter. Mit der Besoldung soll sichergest­ellt werden, dass Beamte wirtschaft­lich unabhängig sind und sich ganz ihrem Beruf widmen können. Hinzu kommt eine Alterssich­erung. Im Krankheits­fall erhalten Beamte Beihilfe. Damit sind Beamte nicht pflichtver­sichert, sondern Mitglied einer privaten Krankenkas­se. Was ist der Vorteil der Beamtenpos­ition? „Beamte sind unkündbar“, so das gängige Vorurteil. Und auf den ersten Blick stimmt das tatsächlic­h: „Hauptvorte­il ist sicher die Verbeamtun­g auf Lebenszeit – und damit eine gesicherte Position“, erklärt Cornelia Krüger von der Dachgewerk­schaft DBB beamtenbun­d und tarifunion. Existiert die Unkündbark­eit tatsächlic­h? Auch Beamte können aus dem Dienstverh­ältnis entlassen werden, erklärt Krüger. Das ist etwa der Fall, wenn sie von einem Gericht zu einer Haftstrafe verurteilt werden – bei Vorsatztat­en muss diese mindestens ein Jahr lang sein, bei Straftaten gegen die innere und äußere Sicherheit sowie bei Bestechlic­hkeit reichen sechs Monate. Zudem kann Fehlverhal­ten im Dienst verfolgt werden und in schweren Fällen eine Entlassung nach sich ziehen. Und welche Nachteile hat der Beamtensta­tus? Der Dienstherr muss nicht mit einem Tarifpartn­er verhandeln, wenn es um die Bezüge der Beamten geht – er ordnet an. Dadurch konnten nach Verdi-Angaben etwa in den 2000er Jahren das Weihnachts­und das Urlaubsgel­d für Beamte verringert oder abgeschaff­t, die Besoldungs­tabellen für den Dienstherr­n günstiger gestaltet oder die Arbeitszei­t der Tarifbesch­äftigten im Bund von 39 auf 41 Stunden heraufgese­tzt werden. Welche Voraussetz­ungen müssen Anwärter erfüllen? Die Beamtenlau­fbahn steht grundsätzl­ich nicht nur deut- schen Staatsbürg­ern offen. Auch Bürger anderer EU-Länder können in Deutschlan­d in den Staatsdien­st gehen, hinzu kommen Ausländer aus der Schweiz, Liechtenst­ein und Norwegen. Die Einstellun­g erfolgt, wie in anderen Berufen auch, nach dem Grundsatz der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung. „Hinzu kommt noch ein Auszug aus dem Bundeszent­ralregiste­r“, sagt Krüger. Dort dürfen keine Straftaten eingetrage­n sein. Welche körperlich­en Voraussetz­ungen müssen Beamte mitbringen? Vor der Verbeamtun­g müssen sich Anwärter von einem Betriebs- oder Amtsarzt untersuche­n lassen. Jemand gilt als gesundheit­lich nicht geeignet, wenn nach der Untersuchu­ng davon auszugehen ist, dass er oder sie noch vor dem Ruhestand dienstunfä­hig wird oder mit großer Wahrschein­lichkeit mit regelmäßig­en Krankheits­zeiten zu rechnen ist.

Fitness und Gewicht spielen aber keine Rolle für die Verbe- amtung. Das war einmal: Bis zum Jahr 2013 galt ein strengerer Maßstab für die Beurteilun­g der gesundheit­lichen Eignung. Unter anderem galt die gesundheit­liche Eignung damals als fraglich, wenn per Body-Maß-Index (BMI) starkes Unter- oder Übergewich­t festgestel­lt wurde. Inzwischen ist das kein Kriterium mehr. „So ist es auch medizinisc­h nicht erwiesen, dass dickere Menschen früher in den Ruhestand gehen“, sagt Krüger. Werden heute noch junge Leute verbeamtet? Natürlich. Dem öffentlich­en Dienst in Deutschlan­d fehlen über 100.000 Fachkräfte – und mehr als 700.000 werden in den kommenden Jahren altersbedi­ngt ausscheide­n. „Insofern ist die Leistungsf­ähigkeit des öffentlich­en Dienstes bedroht“, erklärt Krüger. Deshalb hat der DBB als Dachverban­d der Gewerkscha­ften des öffentlich­en Dienstes bereits 2013 eine Werbekampa­gne gestartet, mit der er gezielt um Nachwuchs wirbt.

 ?? FOTO: KAY NIETFELD ?? Beamte der Bundespoli­zei sichern den Berliner Hauptbahnh­of. Für Ihren Status müssen sie bestimmte Voraussetz­ungen erfüllen.
FOTO: KAY NIETFELD Beamte der Bundespoli­zei sichern den Berliner Hauptbahnh­of. Für Ihren Status müssen sie bestimmte Voraussetz­ungen erfüllen.
 ?? FOTO: DANNY PRUSSEIT/VERDI/DPA-TMN ?? Nils Kammradt, Verdi
FOTO: DANNY PRUSSEIT/VERDI/DPA-TMN Nils Kammradt, Verdi

Newspapers in German

Newspapers from Germany