Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Die Vielfalt der Berufe zeigen
Logistiker haben Nachwuchskräften viel zu bieten. Das müssen sie deutlicher herausstellen und mehr Aufmerksamkeit auf die Ausbildung legen.
Die Logistikbranche gehört sicher zu den vielfältigsten Segmenten im Wirtschaftsleben, hat sie doch mit allen Branchen und Regionen zu tun. „Wir müssen mehr rüberbringen, wie spannend unsere Branche ist“, betont denn auch Thomas Klann (Logistikregion Rheinland). Keine einfache Aufgabe, wie Wolfgang Baumeister (IHK) einräumt. In der Region sei die Branche vorwiegend mittelständisch geprägt und auch kleinteilig. Das müsse in der Diskussion berücksichtigt werden. Die Struktur der Arbeitsplätze sei eine andere als in Großbetrieben, Mitarbeiter müssten einfach „anpacken“, um alle anfallenden Arbeiten zu erledigen.
Logistik bedeutet Vielfalt – darin sieht Markus Schröder (3M) eine große Chance: „Wir müssen diese Vielfalt schon in der Ausbildung abbilden.“Jugendlichen sei Abwechslung wichtig, „sie wollen alle Bereiche des Ausbildungsbetriebes kennenlernen.“Unternehmen müssten also darauf achten, wie und wo sie ihre Azubis einsetzen. Positiv sei zudem, wenn sie schon in der Ausbildung die Freiheit hätten, sich auszuprobieren. Unternehmen, die dies umsetzen, würden dann durch die „Mundpropaganda“der Nachwuchs-Mitarbeiter bei der künftigen Personal-Akquise profitieren.
In der Vielseitigkeit sieht Prof. Dr. Michael Jahr (Europäische Fachhochschule Rhein/Erft) ebenfalls Chancen für die Branche. Die Unternehmen sollten das Thema aufgreifen und entsprechende Konzepte entwickeln. Damit könnten sie sich auch vom Wettbewerb mit anderen Branchen abheben, denn der sei stark; „das sehen wir deutlich in unseren Studiengängen“.
Junge Menschen achten zudem auf Weiterbildungschancen, und sie seien im Unterschied zu Älteren Smartphone-affin, betont Hendrik Sandbrink (UPS). Es gelte, die jungen Menschen zielgerichtet abzuholen. Sandbrink sieht darüber hinaus Potenzial unter Menschen mit Migrationshintergrund. Sie sprechen viele Sprachen, „das ist für uns sehr spannend“. Logistik ist ja auch eine internationale Branche – im Blick darauf könne man die Menschen zielorientiert ansprechen, sagt Sandbrink.
Stefan Koch (TÜV Rheinland) regt an, dass Logistikbetriebe ihre Azubis während der Ausbildung zielgerichtet begleiten. „Ausbilder müssen die Auszubildenden zielgerichtet und regelmäßig abfragen, ob sie sich an der richtigen Stelle sehen. Sie müssen sie an die Hand nehmen und ihre Interessen wahrnehmen, erkennen und fördern.“
Generell müssen die Unternehmen dem Thema Ausbildung mehr Aufmerksamkeit widmen, betont IHK-Experte Baumeister. Im Kammerbezirk gibt es zurzeit nur 650 Ausbildungsverhältnisse in Logistikberufen – bei weitem unter dem Maß, das die Branche bräuchte, um sich fit für die Zukunft zu machen. „Wir müssen klar machen: Da sind Berufe, die eine Ausbildung wert sind.“Auch Baumeister betont die Chancen der Vielseitigkeit: „Wir müssen zeigen, was es da alles gibt.“
Das Unternehmen 3M hat einen Weg gefunden zu verdeutlichen, dass Ausbildung einen Wert hat. „Wir vergeben unbefristete Stellen nur an ausgebildete Fachkräfte“, beschreibt Schröder. Mitarbeiter mit befristeten Verträgen wird dazu geraten, parallel noch eine Ausbildung abzuschließen.
Zeigen, was die Branche zu bieten hat, auf Mundpropaganda setzen – wie das praktisch funktionieren kann, macht beim Roundtable jemand am besten deutlich, der zur Zielgruppe gehört: Philipp Kirschke hat gerade bei UPS seine Ausbildung zum Kaufmann für Kurier-, Express- und Paketdienstleistungen erfolgreich abgeschlossen. Eigentlich habe er nur einen Übergangsjob bei dem Paketdienst machen wollen, schilderte er den Branchenvertretern. Doch dann blieb er dort für die Ausbildung und stellte fest: „Das ist ein spannender Beruf – schade, dass dies draußen so wenig sichtbar ist.“