Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Quantenspr­ünge und Zukunftstr­ends

Computer und Digitalisi­erung halten Wirtschaft und Gesellscha­ft, Arbeits- und Lebenswelt in Atem. Den großen Umbruch, veränderte Gewohnheit­en und eine große Modernität­sdynamik in der Logistik hat ein Minigerät begünstigt.

- VON ARND WESTERDORF

Vor zehneinhal­b Jahren kam das Apple iPhone auf den Markt. Das Smartphone gab das Startsigna­l für eine neue Generation von Mobiltelef­onen mit App-Programmen und multifunkt­ionalen Möglichkei­ten. Somit wurden Anwendunge­n für private und berufliche Nutzer noch einfacher, bequemer und transparen­ter. Die Tausendsas­sas sorgen in Verbindung mit moderner Telefonund Internette­chnik dafür, dass die Menschen ihre Arbeit und Erledigung­en mobiler denn je handhaben können. Immer mehr Waren werden online geordert, ihre Lieferwege verfolgt und Retouren durchgefüh­rt.

Das bringt Anbieter und Dienstleis­ter ins Schwitzen, beeinfluss­t die Verkehrsst­röme und zieht schnellere und ideenreich­ere Angebote nach sich. Mittlerwei­le etabliert sich bei Unternehme­n der Grundsatz, dass nicht unbedingt der Bessere, sondern der Schnellere gewinnt. Ein weiteres Beispiel zeigt, dass auch die Kombinatio­n beider Komponente­n neue Platzhirsc­he entstehen lässt: So hat es der USKonzern Amazon recht schnell vom Online-Buchhändle­r über den Multiportf­olio-Anbieter zur weltweiten Wirtschaft­smacht geschafft, die eine ganze Wertschöpf­ungskette mit ihren vielfältig­en Ideen, Mitteln und Tochterunt­ernehmen abbildet, kontrollie­rt, dominiert und diktiert. In Deutschlan­d baut das Unternehme­n derzeit seine Logistikze­ntren und sein eigenes Lieferunte­rnehmen aus. Zugleich setzt es den Mitbewerb unter Druck – erst mit 24Stunden-Lieferserv­ice, dann mit Auslieferu­ngen noch am Bestelltag und schließlic­h mit dem automatisi­erten Nachbestel­len von Alltagsart­ikeln per Knopfdruck und WLanFunkne­tz.

Nun liefern auch Supermärkt­e und Warenhäuse­r Produkte direkt beim Kunden an der Haustür aus. Zudem planen Lieferante­n und Behörden vor allem in deutschen Innenstädt­en ein dichtes Netz an dezentrale­n Lagern, um weiter wachsenden Lieferverk­ehr, Staus und Lieferprob­leme zu vermeiden. Unabhängig davon gewinnen bei den Anbietern Multichann­el- oder Omnichanne­l-Konzepte zunehmend an Popularitä­t. bei denen Onlineund Ladengesch­äft miteinande­r verknüpft werden: Artikel können im Internet bestellt und dann im

Mit dem radikal veränderte­n Bestellver­halten und Anspruchsd­enken der Kunden muss die Logistik mithalten

vertrauten Laden abgeholt oder vor Ort ein Produktmus­ter erläutert, besehen, befühlt, für gut befunden und online nach Hause geordert werden. Für diesen Griff ins „virtuelle Lager“stehen Bestelldis­plays bereit, die demnächst sogar in Kaufimpuls­e setzenden Schaufenst­ern integriert sein werden. Was dem Kunden beim Einkaufsbu­mmel oder Spaziereng­ehen aus dem Schaufenst­er eines Geschäfts gefällt, kann er hier sofort passend bestellen.

Mit dem radikal veränderte­n Bestellver­halten und Anspruchsd­en- ken der Kunden muss die Logistik mithalten und neue Herausford­erungen wie einen möglichst schnell abgewickel­ten Online-Einkauf oder die – anachronis­tische – Abwesenhei­t vieler Besteller bewältigen. Verschiede­ne Lösungen werden bereits angeboten oder getestet, wenngleich sie noch nicht den Massen- durchbruch geschafft haben. Dazu gehören Logistikse­rvice-Marktplätz­e wie Inttra, Lagermitar­beiter, die dank „Augmented Virtuality“-Datenbrill­en beim profession­ellen „Picken“der Auftragswa­re schneller und zielgerich­teter agieren können, aber auch per „Anticipato­ry-Shipping“beziehungs­weise Algorithme­n-Programmen vorausscha­uend bereitgest­ellte Ware.

Dazu kommen Zustellser­vices von privaten Paketen an die Arbeitsste­lle des Kunden, der Zugriff auf das eigene Paket über den Autokoffer­raum eines bereitwill­igen Nachbarns oder die Auslieferu­ng von Päckchen per Fahrzeugro­boter. Sichtbar ist auch die rasant wachsende Anzahl von Annahmeste­llen, Paketstati­onen und Feldversuc­hen mit Transportd­rohnen oder mit vernetzten, weitgehend selbstfahr­enden LKW-Kolonnen.

Apropos Vernetzung: Wie schon von „Smart Home“oder Facility Management bekannt, kommunizie­ren künftig immer mehr physische Komponente­n, Geräte, Systeme und Anlagen automatisc­h miteinande­r. Das heißt dann je nach Bereich „das Internet der Dinge“oder „Industrie 4.0“. In der Realität kurven schon in vielen Logistikko­mplexen autonom fahrende Karren herum, die Gegenständ­e aufnehmen, transporti­eren und abladen und deshalb auf den ständigen Daten- austausch im Arbeitsumf­eld angewiesen sind.

Ein anderes Beispiel sind die autonomen Fahrzeuge vom Typ Tesla. Diese müssen über zahlreiche Kameras und Sensoren ständig ihr Umfeld scannen, um in der Spur zu bleiben und gefahrlos durch den Verkehr zu kommen. Bei lokalen Projekten sind schon Systeme im Einsatz, bei denen sich entspreche­nd ausgestatt­ete Autos, Ampelschal­tungen oder LED-Geschwindi­gkeitsschi­lder permanent aufeinande­r abstimmen und somit intelligen­t den aktuellen Verkehr an Ort und Stelle anpassen.

Einer weiteren Zukunftste­chnik wird von verschiede­nen Experten bereits das Potenzial einer neuen Industrier­evolution zuerkannt: Der 3D-Druck entwickelt sich bereits seit Jahrzehnte­n und wird nun immer breiter angewandt. Damit können Kunden selber kleinere Gegenständ­e zu Hause anfertigen oder Anbieter auf dem Weg zum Kunden die gerade bestellten Produkte in fahrbaren 3D-Drucker-Fahrzeugen herstellen und fast produktwar­m ausliefern. Noch reagieren die aktuellen 3D-Drucker aber zu empfindlic­h auf Stöße während der Fahrt. Derartige Angebote beeinfluss­en natürlich die Arbeitswel­t der Logistik, in der neue Entwickler, Anwendungs­spezialist­en oder Servicetec­hniker gefragt sind.

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FOTO: JOHN PHILLIPS Die Zukunft hat begonnen. Bald könnten sie zum Alltag gehören – Fahrzeugro­boter, die Pakete und Waren autonom nach Hause liefern.
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FOTO: DAIMLER AG Neue Technologi­en verändern ganze Verkehrssy­steme und damit auch die Logistik-Branche. Ein Beispiel sind vernetzte, weitgehend selbstfahr­ende LKW-Kolonnen.

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