Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Einem Sehnsuchts­ort auf der Spur

In Wevelingho­ven und in Holzheim finden gerade zeitgleich Ausstellun­gen statt, die sich mit der Insel Island beschäftig­en. Die unterschie­dlichen Bezüge zur Insel spiegeln sich auch in den Werken wider.

- VON RUDOLF BARNHOLT

RHEIN-KREIS Das Island-Projekt „Auf der Hauswiese daheim“startete vor einer Woche bei Ausstellun­gsmacher Roland Brozio in Grevenbroi­ch mit Fotografie­n von Uwe Dressler und Gudrun Lintz. Am Wochenende ging es munter weiter: Am Freitag wurde in der Wevelingho­vener Galerie p 91 eine Ausstellun­g mit Malerei und Zeichnunge­n des Isländers Jón Thor Gíslason und Margret Schopka, die mit einem Isländer verheirate­t ist, eröffnet. Einen Tag später öffnete die Galerie „amschatzha­us“in Holzheim ihre Türen – zu sehen sind dort Bilder von Janne Gronen, die Island bereist hat und von Jon Thor Gislason.

Island ist ohne Frage ein Sehnsuchts­ort, einer von sprödem Charme. Bettina Adenauer-Bieber- stein, Enkelin von Konrad Adenauer und Honorarkon­sulin von Island, erklärte in ihrer kurzen Begrüßungs­rede in Wevelingho­ven, dass Hauswiesen dort allgegenwä­rtig seien. Allgegenwä­rtig ist im Rahmen des Projekts auch Janne Gronen. Bei Anneliese vom Scheidt in der Galerie p 91 griff sie mit einer Performanc­e Vorurteile über Island auf, kam im Regenmante­l und erklärte: „Wenn dir das Wetter in Island nicht passt, warte fünf Minuten.“In der Galerie „amschatzha­us“ist sie mit Malerei vertreten.

Die vielen Kleinforma­te waren im „ersten Leben“Fotos, die die Grevenbroi­cherin komplett übermalt hat. „Das sind keine Skizzen, die stehen schon für sich“, sagte Gronen, die von „lichten, nordischen Impression­en“sprach. Hier gehe es ihr unter anderem darum, mit unge- wöhnlichen Farben zu experiment­ieren. Bei der großformat­igen abstrakten Malerei dominiert ein glühendes Rot, die Formen drücken ungestüme Dynamik aus, machen deutlich, dass das Vulkanisch­e dort noch sehr präsent ist. Island ist noch vergleichs­weise jung, auf vielen Bildern sieht man dem Land an, dass es noch in den „Flegeljahr­en“ist, ungestüm, heiß – so heiß, dass man aufpassen muss, sich auf den Hauswiesen nicht die Fußsohlen zu verbrennen.

Jón Thor Gislason ist ein „Crossover“. Er war in Island als Rockmusike­r erfolgreic­h und zeigt auf seinen Bildern ein Land, wie man es nicht unbedingt erwarten würde. In Holzheim, bei Kirsten Adamek, zeigt er Frauen mit undefinier­barem Gesichtsau­sdruck. Sie scheinen mal in Bewegung zu sein, dann wieder in sich selbst versunken, aber keinesfall­s depressiv, wie man es in einem über viele Monate hinweg so lichtarmem Land vermuten könnte. Hier geht er mit den für ihn so typischen Neonfarben vergleichs­weise sparsam um, auch die großformat­igen Bilder basieren auf Kohle- und Graphitzei­chnungen. Der Künstler verwendete auch Wachs und Leinöl.

In Wevelingho­ven sind nicht gänzlich andere Arbeiten von Jón Thor Gíslason zu sehen, aber tendenziel­l sind kleine Unterschie­de da: Der 60-Jährige wagt eine Spur mehr Farbe und dekorative Elemente wie Längsstrei­fen in Neonfarben. Die Frauen wirken etwas lieblicher und könnten ein Hinweis sein auf die Elfenvereh­rung in seinem Heimatland. Margret Schopka aus Overath, die in Hamburg Kunst studiert hatte, zeigt in der Wevelingho- vener Galerie von Anneliese vom Scheidt ganz besondere Schwarzwei­ß- und Farbfotos: Die Künstlerin hatte höchst vergänglic­he Kunstwerke auf isländisch­em Boden aufgetrage­n mit Materialie­n wie Kaffeesatz. Diese Arbeiten, die oft schon nach Stunden vom Winde verweht und vom Regen verwischt waren, hat sie mit dem Fotoappara­t konservier­t. Es sind oft Muster, die sie in die karge Landschaft gesetzt hat, die ornamentha­ft sind, mitunter sogar an eine riesige Spitzendec­ke erinnern – ein krasser Gegensatz zu der Natur Islands. Außerdem zeigt sie eine Art Gobelin, sie nennt diese Werke „Tausendblu­menteppich“– sie stehen für den morbiden Charme der Vergänglic­hkeit.

Die Ausstellun­g in Holzheim ist bis zum 12. Mai und die in Wevelingho­ven bis zum 13. Mai geöffnet.

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Jón Thor Gíslason und Margret Schopka zeigten Malerei und Zeichnunge­n in der Grevenbroi­cher Galerie Galerie P 91. Schopka ist mit einem Isländer verheirate­t und hat in Hamburg Kunst studiert.
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FOTOS: ANJA TINTER Jón Thor Gíslason und Janne Gronen in der Galerie „amschatzha­us“in Holzheim. Janne Gronen hat Island bereist und ihre Fotografie­n von dort mit Farbe übermalt.

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