Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Der Club der Welt-Blockierer
Drei Wochen lang hatte der schwedische UN-Botschafter Olof Skoog gemeinsam mit kuwaitischen Diplomaten an einem Resolutionsentwurf gearbeitet, der Ende Februar im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen auf dem Tisch lag. Es ging um Syrien, genauer gesagt: um die unter Trommelfeuer liegende Rebellen-Hochburg Ost-Ghuta nahe Damaskus, wo es in wenigen Tagen Hunderte Tote gegeben hatte, darunter auch viele Frauen und Kinder. Skoogs Vorschlag: Sofortige 30-tägige Feuerpause, nach fünf Tagen Zugang für humanitäre Helfer, ein Ende der Belagerung und Lieferung von Nahrungsmitteln und Medikamenten.
Der Vorstoß war ohne Chance. Russland, eines von fünf ständigen Mitgliedern des Sicherheitsrats mit Vetorecht, ließ es nicht einmal zu einer Abstimmung kommen. „Unrealistisch“sei die Resolution, sagte der russische UNBotschafter Wassili Nebensia. Und überhaupt gebe es gar keine Gräuel in Ost-Ghuta, das seien alles nur von internationalen Medien aufgebauschte Gerüchte. Sein schwedischer Kollege wandte sich in einem letzten, verzweifelten Versuch an seine 14 Kollegen im Sicherheitsrat, um die Blockade doch noch aufzubrechen – „nicht als Botschafter, als Menschen“. Vergebens.
Es war einer dieser Momente, in denen man wieder verzweifeln konnte an der Uno und ihrer Ohnmacht. In Syrien sterben Hunderttausende, es werden die abscheulichsten Kriegsverbrechen begangen, und die Weltgemeinschaft schaut tatenlos zu. Schlimmer noch: Dass es in Syrien überhaupt so weit kommen konnte, daran tragen die Vereinten Nationen ein gerüttelt Maß Mitschuld. Genauer genommen jener exklusive Club an ihrer Spitze, der Weltsicherheitsrat. Dessen Dauerlähmung, hervorgerufen durch die unterschiedli- chen Interessen seiner fünf ständigen Mitglieder – USA, Russland, Großbritannien, Frankreich und China –, ist zwar kein neues Phänomen. Aber das syrische Drama rückt das Versagen des Gremiums in ein besonders grelles Licht. Der Club der Blockierer lässt genau jene im Stich, zu deren Schutz er einst gegründet wurde: die der Brutalität des Krieges ausgelieferten Zivilisten.
Der Sicherheitsrat ist ein Produkt des Zweiten Weltkriegs, in dem die damaligen Siegermächte sich besondere Machtpositionen sicherten. Mit ihrem anachronistischen Vetorecht können diese Fünf jede Initiative sabotieren, die ihnen (oder ihren Verbündeten) nicht in den Kram passt. Und davon machen sie seither reichlich und ziemlich skrupellos Gebrauch. Derzeit blockiert vor allem Russland zugunsten seines Schützlings Baschar al Assad, gelegentlich unterstützt von China, weil Peking jede Einmischung in die inneren Angelegenheiten anderer Staaten prinzipiell suspekt ist. So war es auch, als im Februar 2012, also in einer frühen Phase des Konflikts, 13 der 15 Mitglieder des Sicherheitsrats für eine Resolution stimmten, Assad für Verbrechen gegen die Menschlichkeit haftbar zu machen. Aber nach Russlands und Chinas Veto war Assad klar, dass er nichts zu befürchten hatte. Der Krieg eskalierte.
Schon lange gibt es Bestrebungen, die verkrusteten Strukturen des Sicherheitsrats zu reformieren. Das SyrienDebakel hat diesen Bemühungen neue Dringlichkeit verliehen. Dabei scheint klar, dass ein radikaler Umbau des Gremiums chancenlos ist, weil die VetoMächte ihren Einfluss nicht geschmälert sehen wollen. Sie sperren sich auch dagegen, die Zusammensetzung des Rats zu verändern und etwa weitere ständige Mitglieder aufzunehmen. Auch Deutschland bewirbt sich um einen solchen ständigen Sitz, obwohl die Aussichten mehr als bescheiden sind. Es geht wohl mehr darum, den Reformdruck aufrechtzuerhalten. Denn so
Dass es in Syrien überhaupt so weit kommen konnte, daran tragen die Vereinten Nationen erhebliche Mitschuld